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Zum Aufschlag wenig Zuversicht

Von fehlendem Losglück und bösen Vorahnungen: Beim heute beginnenden 100. Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum dürften die deutschen Teilnehmer mit ihren eher bescheidenen Erwartungen ganz richtig liegen

Es wirkte schon ein wenig kokett, aber es stellte sich als böse Vorahnung heraus: „Ich hoffe, dass ich mal wieder die erste Runde überstehe“, hatte Thomas Haas, die Nummer 25 der Tennis-Weltrangliste, als Ziel bekannt gegeben für seinen Start beim 100. Turnier am Hamburger Rothenbaum (heute bis 21. Mai). Seit Sonnabend steht fest, dass der gebürtige Hamburger mit dieser geringen Erwartungshaltung goldrichtig liegt.

Die Auslosung ergab, dass Haas in der ersten Runde auf Rafael Nadal trifft. Schlimmer hätte es für den 28 Jahre alten Deutschen nicht kommen können, denn der neun Jahre jüngere Spanier, die aktuelle Nummer zwei der Weltrangliste, ist auf Sand derzeit das Maß aller Dinge. Dies bekam zuletzt auch Branchenprimus Roger Federer zu spüren. Sowohl in Dubai als auch in Monte Carlo musste sich der Schweizer geschlagen geben. Angstgegner Nadal ist der einzige aktuelle Weltklassespieler, gegen den Federer eine negative Matchbilanz besitzt: In fünf Duellen gelang ihm nur ein Sieg.

Während Nadal in den vergangenen Wochen von Sieg zu Sieg eilte, war es für Haas eine Zeit voller Unzufriedenheit und bitterer Niederlagen. Die Ursache allen Frusts liegt in einer Handgelenksverletzung, die er sich am 15. April im Halbfinale des ATP-Turniers von Houston gegen Mardy Fish (USA) zugezogen hatte. Seitdem läuft Haas seiner Form hinterher. Beim Turnier in München scheiterte er in der ersten Runde am Kroaten Ivo Karlovic, eine Woche später in Rom am 19-jährigen Nobody Gael Monfils aus Frankreich – ebenfalls in Runde eins.

Vor dem Turnier in Hamburg probierte Haas es mit Gemütlichkeit: Er werde „gut Essen gehen, ein wenig Zeit mit meiner Freundin verbringen und mich natürlich intensiv auf das Turnier vorbereiten“, sagte er. „Meinem Handgelenk geht es schon sehr viel besser.“ Ob das allerdings schon ausreicht, Nadal zu bezwingen, gilt als äußerst fraglich. Es bietet sich aber auch nicht wirklich viel an, aus dem sich Zuversicht beziehen ließe. Haas‘ Abschneiden in Hamburg in den vergangenen sieben Jahren lässt sich unter dem Urteil „enttäuschend“ zusammenfassen. Zwei Mal (2000 und 2005) erlebte er nur den ersten Tag als Spieler, drei Mal war schon in der zweiten Runde Schluss, einmal ging es bis in die 3. Runde, 1999 erreichte er immerhin das Achtelfinale. Der deutsche Davis-Cup-Spieler, der in seiner Karriere sieben Einzeltitel gewann, zehrt am Rothenbaum noch immer von seiner Leistung aus dem Jahr 1997: Damals kam er bis ins Halbfinale.

Die Vorzeichen stehen insgesamt schlecht dafür, dass die deutschen Spieler beim wichtigsten deutschen Tennisturnier – Gesamtpreisgeld: 2.082.500 Euro – endlich einmal ihre Pleitenserie durchbrechen können. Für Haas ist angesichts der zuletzt gezeigten Leistungen ein Ausscheiden gegen Rafael Nadal ebenso vorgezeichnet wie für Rainer Schüttler (Korbach). Die ehemalige Nummer zwei der Weltrangliste trifft zum Auftakt auf Roger Federer. Lediglich Australian-Open-Halbfinalist Nicolas Kiefer durfte sich über eine gute Auslosung freuen. Der Hannoveraner spielt in der ersten Runde gegen einen Qualifikanten. Am Ende dieser Woche dürften wieder die üblichen Verdächtigen unter sich bleiben: Federer, Nadal, der argentinische Sandplatzwühler Guillermo Coria oder Vorjahresfinalist Richard Gasquet (Frankreich).

Federer verriet unlängst, was ihn so erfolgreich macht: Seine „große Stärke ist, dass ich wenig emotionale Schwankungen habe, weder in guten noch in schlechten Momenten“, sagte er. Bei den deutschen Spielern ist in Hamburg die Gefahr groß, dass die guten Momente wieder rar gesät sind. CHRISTIAN GÖRTZEN

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