CHRISTIAN FÜLLER ÜBER DEN BILDUNGSFÖDERALISMUS: Kein Cent mehr für die Länder
Ob Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Idee einer Bildungsrepublik wirklich ernst gemeint hat, werden wir nie erfahren. Dass eine große und ernst gemeinte Qualifizierungsoffensive richtig ist, beweisen der bevorstehende Mangel an Ingenieuren und Lehrern genau wie der demografische Knick. Man kann Merkel jedenfalls zugute halten, dass sie die Bundesländer unter Druck setzt – denn die sind die verfassungsmäßig Zuständigen für Bildung. Rein theoretisch.
Die Länder sind für bessere Kindergärten, Schulen und Hochschulen verantwortlich. Ohne die 2006 noch einmal erhöhten Bildungskompetenzen sind die Bundesländer überflüssig, man könnte sie abschaffen – und die Figuren namens Ministerpräsidenten gleich mit. Aber die Länder handeln unverantwortlich. Sie schachern um jeden Euro, den sie für ihre Bildungsausgaben angeblich brauchen.
Dass Koch und Seehofer forderten, bei der Bildung zu sparen, ist schlicht eine Frechheit. Beim letzten Bildungsgipfel mit Merkel haben die Länder ein Plus an Bundesgeld via eines erhöhten Umsatzsteueranteils für ihre Etats ja bereits bekommen. Was sie nun wollen, ist also das formelle Recht, die Bildungskohle einzusacken, für was auch immer – nur eben nicht für mehr Hochschullehrer und Lehrer oder bessere Labore. Das ist würdelos.
Und der Blick auf folgende Aktion zeigt, wie sehr auch der Bund intellektuell unter dem Bildungsgeschacher der Länder leidet: Weil der Bund Grundschulen nicht direkt fördern darf, bietet er eine Milliarde Euro für deren Elternfördervereine an – damit diese dann die Kohle in die Primarstufen stecken. Wie verzweifelt muss Angela Merkel eigentlich sein, dass sie ihre Bildungsrepublik mit Hilfe von Fördervereinen schaffen will, von denen sieben von zehn nur auf dem Papier existieren?
Nein, kein Cent für mehr für die Länder. Es wird Zeit, dass der Bildungsföderalismus abgeschafft wird. Er macht das Land dümmer, er ist ohne Zukunft.
Inland SEITE 6
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