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WM-FieberkurveEin lahmer Gaul wird berühmt

Gestern war wieder einmal Renntag in Hoppegarten. Ja, es wird wieder geritten vor den Toren Berlins. Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr haben die Jockeys ihre Pferde gesattelt. Und das Medienecho war gar nicht einmal so schlecht vor der Veranstaltung am Pfingstmontag.

Das lag an einem Pferd namens River Woods. Der Galopper ist nicht unbedingt das, was man ein Siegerpferd nennen würde. Dennoch ist er ein besonderes Tier. Er gehört nämlich einer Fußballspielerfrau, einer Ex-Nationalspieler-Frau sogar. Tina Hamann ist die Pferdebesitzerin, die Gattin jenes Kickers, der aus der Nationalmannschaft zurückgetreten ist, weil Jürgen Klinsmann ihn nicht für den WM-Kader berücksichtigt hat. Das ist gut für Hoppegarten. Die Rennveranstalter haben Fotos der ansehnlichen Frau Hamann an die Redaktionen geschickt, um Werbung für ihren Renntag zu machen. Sie wissen: Ohne Fußball geht derzeit gar nichts. Und in der Tat: Das Bild der blonden Ex-Spielerfrau fand sich in diversen Vorankündigungen.

Andere Sportereignisse in Berlin tun sich da schwerer. Die Tour de Berlin etwa. Das ist eines der bedeutendsten Mehrtagesrennen für Nachwuchsradrennfahrer. Jedes Jahr um Pfingsten fahren hoffnungsvolle Talente aus vieler Herren Länder um die Wette. In diesem Jahr war sogar ein ganz prominenter Sportler am Start. Gerald Ciolek ist amtierender deutscher Meister. Der Jungspund hat im vergangenen Jahr Erik Zabel bei den deutschen Titelkämpfen das Hinterrad gezeigt.

Jetzt radelt er mit Gleichaltrigen um Berlin und keiner interessiert sich für ihn. Wäre er mit einer Ex-Nationalspieler-Frau liiert, die Rundfahrt würde sich ungleich größerer Popularität erfreuen. Aber das kann Ciolek leider nicht vorweisen. Auch sein Rennrad befindet sich nicht im Besitz einer Kickergattin. Auch hat sein Urgroßonkel nicht das Finale von Bern kommentiert und der Schwager seiner Cousine hat nicht in Herzogenaurach an der Entwicklung der Schraubstollen mitgearbeitet.

Von dem Radrennen, der Tour de Berlin, bekommt also so gut wie niemand etwas mit in der Hauptstadt. Vielleicht ist das dem guten Ciolek ganz recht. Denn derzeit werden alle Sportler, egal in welcher Disziplin sie unterwegs sind, nur gefragt, ob sie sich schon auf die Fußball-WM freuen. Dass jeder ehrlich ist, wer darauf mit Ja antwortet, darf bezweifelt werden.

ANDREAS RÜTTENAUER

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