: Die guten Zeiten sind jetzt!
SCHULDENABBAU
Die größte Ungerechtigkeit im neuen Landeshaushalt, den das Abgeordnetenhaus am Donnerstag beschlossen hat, ist die Reichensubvention. Jedes Jahr zahlt das Land Berlin 2,1 Milliarden Euro an Leute, die ohnehin schon zu viel Geld haben. So viel Geld, dass sie es gar nicht alles selbst brauchen, sondern etwas davon verleihen können – und dafür bekommen sie Zinsen. Die 2,1 Milliarden Euro, die auf diesem Wege an die Vermögenden fließen, fehlen dann an anderer Stelle. Zum Vergleich: Mit diesem Geld könnte sich das Land Berlin zwölf Universitäten leisten statt drei. Alternativ könnte jeder Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger 50 Prozent mehr Geld zum Leben und Wohnen bekommen. Oder man könnte die Kulturausgaben locker versechsfachen.
Wer die Zinszahlungen reduzieren will, muss den Schuldenberg von gut 60 Milliarden Euro langsam wieder abbauen. Nächstes Jahr will Berlin immerhin 90 Millionen Euro zurückzahlen, 2015 sogar 226 Millionen Euro.
Als die Schulden aufgenommen wurden, hieß es immer: Das machen wir nur, um die schlechten Zeiten zu überbrücken. Sobald wieder gute Zeiten kommen, wird zurückgezahlt. Heute ist die Zahl der Arbeitslosen in Berlin so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die Steuereinnahmen sprudeln wie niemals zuvor. Jetzt ist die Zeit gekommen, die alten Versprechen einzulösen.
Der Haushalt profitiert derzeit auch von den niedrigen Zinssätzen. Derzeit zahlt Berlin im Jahr noch durchschnittlich 3,4 Prozent Zinsen für seine Schulden. Der Trend zeigt aber sehr deutlich nach unten. Auch dank der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank werden die Zinsausgaben Berlins sinken – und so bleibt im Haushalt bald mehr Geld übrig, um den Schuldenberg noch schneller abzubauen.
Es mag sein, dass Berlin es trotzdem nicht allein schafft. Irgendwann kommt ja auch die nächste Krise. Wahrscheinlich braucht Berlin dann einen Altschuldentilgungsfonds und ist dabei auf finanzielle Hilfe der Südländer Bayern, Hessen und Baden-Württemberg angewiesen. Aber ein Bundesland, das sich nicht auch selbst anstrengt und jetzt zumindest mit dem Schuldenabbau beginnt, kann dann nicht auf die unbegrenzte Solidarität der anderen hoffen.
SEBASTIAN HEISER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen