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Eine Entführung vor laufender Überwachungskamera

LAOS Vor einem Jahr ist der prominente Aktivist Sombath Somphone auf offener Straße entführt worden. Die Regierung tut nichts

VON NICOLA GLASS

BANGKOK taz | Von dem entführten Aktivisten Sombath Somphone fehlt auch ein Jahr nach seinem gewaltsamen Verschwinden jede Spur. Daher haben mehr als 60 Menschenrechtsorganisationen erneut an die laotische Regierung appelliert, den Fall aufzuklären.

So monieren die Kritiker, die Ermittlungen seien weder angemessen noch produktiv gewesen. Eine sofortige und unabhängige Untersuchung sei nötig, um die für die Entführung mutmaßlich Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Auch Sombaths singapurische Ehefrau hat die unzureichenden Untersuchungen beklagt: „Ich hoffe, dass die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean, andere Länder Asiens sowie die UNO Druck auf die laotische Regierung ausüben werden, um die Suche nach Sombath so dringlich wie möglich zu machen“, sagte Ng Shui Meng vor wenigen Tagen vor Journalisten in Thailands Hauptstadt Bangkok.

Sombath, einer der international bekanntesten Sozialaktivisten in Laos, wurde zuletzt am frühen Abend des 15. Dezember 2012 gesehen, als er in der Hauptstadt Vientiane von Verkehrspolizisten angehalten wurde. Bilder polizeilicher Überwachungskameras zeigten, wie sich ein Motorradfahrer dem Geschehen näherte, vor Ort parkte und schließlich mit Sombaths Jeep wegfuhr. Dann hielt ein Pick-up und Sombath wurde in diesen Pick-up gebracht. Seitdem fehlt von dem 61-Jährigen jedes Lebenszeichen. Der Träger des Ramon-Magsaysay-Preises von 2005, der als „asiatischer Nobelpreis“ gilt, ist bekannt als Kämpfer für von Landraub betroffene Bevölkerungsgruppen.

Internationale Parlamentarier haben der Führung des Einparteienstaates mangelnden Willen zur Aufklärung sowie Vertuschung vorgeworfen. Eine südostasiatische Delegation monierte, sie habe widersprüchliche Informationen erhalten: Während die meisten offiziellen Stellen erklärten, es gebe keine Beweise, dass Sombath in den Pick-up gestiegen sei, habe das laotische Außenministerium ausgesagt, der Aktivist habe das Fahrzeug freiwillig bestiegen. Auch EU-Vertreter kritisierten, es sei undenkbar, dass die Regierung nichts über das Verschwinden des prominenten Aktivisten wisse. Zudem beklagten sie, dass Laos jede ausländische Hilfe bei der Suche nach Sombath ablehne.

Menschenrechtler beklagen, dass Sombath kein Einzelfall sei. Seit 2007 seien ein Umweltschützer sowie neun MenschenrechtsaktivistInnen verschwunden. Auch der Zeitpunkt von Sombaths Entführung dürfte kein Zufall sein: Kurz zuvor war die Schweizer Entwicklungshelferin Anne-Sophie Gindroz nach Kritik an der Regierung des Landes verwiesen worden, weil sie mit Sombath im Oktober 2012 ein Forum zu Landrechten initiierte.

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