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Kirche kämpft gegen Schwule und Lesben

COSTA RICA Rechte Katholiken strengen eine Volksabstimmung über die gleichgeschlechtliche Ehe an – um sie endgültig aus der Welt zu schaffen. Ein Gesetzentwurf für die Homoehe liegt seit 2007 dem Parlament vor

Homoehen sind „verderblich und pervers für die Gesellschaft“

HUGO BARRANTES, ERZBISCHOF VON SAN JOSÉ

VON CECIBEL ROMERO

Wochenlang wurden in Costa Rica am Ende der Messen vor den Toren der katholischen Kirchen Unterschriften gesammelt. Mehr als 130.000 kamen zusammen – genügend, um eine Volksabstimmung zu erzwingen. Die Frage: Sollen gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt werden?

Veranstalter der Unterschriftensammlung waren nicht etwa Schwulen- und Lesbengruppen, sondern ein ultrakonservativer Katholikenkreis mit dem Namen „Beobachter für das Leben und die Familie“. Die Betroffenen sind gegen das Referendum. „Die Abstimmung wird so etwas wie ein Apartheid-System schaffen mit zwei Klassen von Bürgern: den heterosexuellen und den nicht heterosexuellen“, sagt Abelardo Araya, Sprecher der Bewegung „Diversidad“ (Vielfalt), in der sich Schwule, Lesben und Transsexuelle zusammengeschossen haben.

Die Kampagne für die Volksabstimmung habe eigentlich zum Ziel, glaubt Araya, einen Gesetzentwurf aus der Welt zu schaffen, der die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit heterosexuellen Ehen vorsieht, inklusive des Rechts auf Erbschaft, Rente, Sozialversicherung und gemeinsame Kredite. Er liegt seit 2007 vor.

„Die Abgeordneten haben keine Ahnung, wie verderblich und pervers dies für die Gesellschaft wäre“, wettert Hugo Barrantes, der Erzbischof der Hauptstadt San José, gegen den Gesetzentwurf. Immerhin eines hat er schon erreicht: Seit Unterschriften für ein Referendum gesammelt werden, ist die Debatte im Parlament auf Eis gelegt.

Die Aussicht auf einen Erfolg der Rechtskatholiken ist groß: Katholizismus ist in der Verfassung Costa Ricas als Staatsreligion festgeschrieben, 70 Prozent der 4,5 Millionen Einwohner bekennen sich zu dieser Kirche. Aktivist Araya fürchtet eine Rückkehr in die Zeit der Inquisition.

Costa Rica, das reichste und friedlichste Land Zentralamerikas, setzt sich gerne von seinen Nachbarländern ab. Sollten die Katholiken das Referendum in ihrem Sinn entscheiden, stellt sich das Land auf eine Stufe mit Honduras, wo die Verfassung seit 2005 gleichgeschlechtliche Ehen ausschließt und solchen Paaren die Adoption von Kindern verbietet.

In den anderen Ländern üben sich die Regierungen in vorsichtiger verbaler Toleranz. Das geht noch lange nicht so weit wie in Argentinien, wo seit dem vergangenen Jahr gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt sind. Und schon gar nicht so weit wie in Mexiko-Stadt, wo solche Paare auch Kinder adoptieren dürfen.

Immerhin aber hat Nicaragua im März 2008 das Verbot von Homosexualität aufgehoben. El Salvadors linke Regierung hat die Schaffung einer „Behörde für sexuelle Vielfalt“ angekündigt, die gegen die Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen vorgehen soll. Und Guatemalas Präsident Álvaro Colom hat im Dezember vergangenen Jahres Schwule zu einem Weihnachtsessen eingeladen, sich dabei für seine Ausfälle im Wahlkampf entschuldigt und eine Gesetzesinitiative für gleichgeschlechtliche Ehen versprochen. Im Wahlkampf hatte er gegen so ein Gesetz polemisiert: „Gott hat gesagt: Adam und Eva! Und nicht: Adam und Esteban!“

Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla äußert sich nicht zum Referendum. Aber die staatliche Ombudsfrau Ofelia Teitelbaum ist dagegen: „Wir sind eine mehrheitlich homophobe Gesellschaft“, sagte sie. „Die Abstimmung wird eine Gruppe diskriminieren, die dieselben Rechte haben sollte wie alle anderen.“ Derzeit prüft das Wahlgericht die eingereichten Unterschriften. Werden sie akzeptiert, soll das Referendum am 5. Dezember gemeinsam mit den Kommunalwahlen stattfinden.

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