piwik no script img

pressekonzentrationKein Zufall

Die Lokal- und Regionalteile nannte er den „entscheidenden Bonus“ einer Zeitung. Das Potenzial sei hier lange nicht ausgeschöpft. Das war im Juni 2005. Nun, ein Jahr später, sind Bodo Hombachs Worte nur noch lauwarme Luft. Das Haus, in dem der Ex-Chef des Bundeskanzleramts seit 2002 die Geschäfte führt, die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), ist gerade ganz entschieden dabei, ihren entscheidenden Bonus abzuschaffen. Profitieren sollen die Leser. Angeblich.

KOMMENTAR VON BORIS R. ROSENKRANZ

Wer aber, wie die WAZ, sieben Lokalteile schließt, nähert sich der Leserschaft nicht an, er entfernt sich. Und auf das Internet, in dem die WAZ künftig ein Gros der lokalen Berichterstattung versteckt, werden ältere Leserinnen und Leser gehörig pfeifen. Zumal noch andere Verleger in ihrer Stadt Zeitungen vertreiben – und zwar mit Lokalteil. Womit wir beim nächsten und wichtigeren Thema wären: den Absprachen unter Ruhrgebiets-Verlegern, über die schon seit Monaten wild spekuliert wird. Aus einleuchtenden Gründen.

Dass sich die WAZ in und um Recklinghausen verändern würde, hatten Experten wie Gewerkschafter schon lange prophezeit. Im Frühjahr erst hatten sich die Ruhr Nachrichten aus Städten verdrückt, die nun alleinig in WAZ-Hand liegen. Bis auf Gelsenkirchen, wo noch die Buersche Zeitung erscheint. Bis zum Herbst. Dann macht auch die dicht. Und wenn die WAZ-Lokalredaktionen im Kreis Recklinghausen eingeebnet werden, wer hat dann die Lokal-Macht im östlichen Ruhrgebiet? Na klar: RN-Verleger Lambert Lensing-Wolff und BZ-Verleger Kurt Bauer. So kommt eins zum anderen. Rein zufällig? Schwer zu glauben. Die WAZ dementiert die Vorwürfe mit dem Argument, man ziehe sich ja nicht völlig zurück. Egal: Indem sie ihre lokalen Seiten beisetzt, lässt sie ihrer vermeintlichen Wettbewerber auferstehen. Die Folge: Meinungsmonopole entstehen. Wettbewerb fällt weg. Berichterstattung wird beliebig. Muss man noch sagen, was das für eine umfassende, freie Information der Bürger bedeutet?

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen