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bergrechtEinstieg in den Ausstieg

Kriege um Energieträger toben nicht nur auf persischen Ölfeldern, sie toben auch im eigenen Land. Eine der stärksten Waffen der heimischen Rohstoffkrieger ist das Bergrecht. Es stammt noch aus den Zeiten des Obrigkeitstaates. Mit Rechtstaatlichkeit, mit Gleichheit vor dem Recht, mit Minderheitenschutz hat es nur wenig gemein, denn die Interessen der Energieversorger werden schlicht über die Interessen von Betroffenen gestellt. Also wurde und wird umgesiedelt, enteignet und den Anwohnern Gefahren zugemutet. Nur weil die Entschädigungen großzügig ausfallen, ist der Widerstand gegen Braunkohlengruben oder Bergsenkungen übersichtlich geblieben. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig markiert nun hoffentlich den Einstieg in den Ausstieg aus dem Bergrecht.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Das fußt nicht nur auf einem vorsintflutlichen Rechtsverständnis, es dient auch zur Durchsetzung von durchsichtigen ökonomischen Interessen. Denn wer da hier und heute seine Recht durchsetzt, handelt nicht mehr im Allgemeininteresse. Virtuos bedienen sich längst entstaatlichte Energiekonzerne des Bergrechts. Wenn RAG oder RWE ihre Interessen durchsetzen, dann tun sie das nicht für Staat und Bürger, sondern für ihre Bücher. Es ist ein Relikt, genauso gut könnte Mercedes-Benz den Einbau von Katalysatoren oder Maßnahmen zur Lärmminderung nach einem ermüdenden Anhörungsverfahren ablehnen, weil die Marktchancen der Autoschmiede schlechter würden – und das können ja bekanntlich nicht im Interesse der Volkswirtschaft liegen.

Vielleicht wird durch das Urteil endlich Waffengleichheit hergestellt. Wer gegen Rahmenbetriebspläne klagen kann, kann auch mit den Schürfkonzernen auf Augenhöhe verhandeln. Und dann winkt statt der Entschädigung eine happige Gewinnbeteiligung an den Bodenschätzen unter den Feldern oder Gärten.

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