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„Wir lassen uns nicht vereinnahmen“

Die Christdemokratin und stellvertretende DGB-Landeschefin Elke Hannack warnt vor einem Blockade-Kurs

taz: Frau Hannack, ist es völliger Unsinn, wenn IG BCE-Chef Hubertus Schmoldt dem DGB „Politikunfähigkeit“ und „Blockadehaltung“ vorwirft?

Elke Hannack: Ich sehe keinen Verlust der Politikfähigkeit. Hubertus Schmoldt übrigens auch nicht. Er hat in seinem Schreiben angeregt, dass wir über unsere Positionierungen nachdenken müssen, und das tun wir auch. Der DGB pflegt zur Zeit einen relativ guten Kontakt zur großen Koalition – dass man den immer auch noch verbessern kann, ist klar. Das heißt aber nicht, dass wir unsere gewerkschaftlichen Positionen aufgeben.

Wie bewerten Sie die Arbeit der großen Koalition?

In vielen für den DGB wichtigen Punkten entscheidet die große Koalition nicht so, wie wir uns das erhofft haben. Bei der Föderalismusreform etwa sind wir nicht einmal zu einer Anhörung eingeladen worden – obwohl Angela Merkel noch auf unserem Bundeskongress versprochen hatte, die Gewerkschaften einzubinden. Ein anderes Beispiel ist die Gesundheitsreform: Der Kompromiss geht zu Lasten der Arbeitnehmer und der Patienten. Es klafft schon eine riesige Lücke zwischen dem, was Merkel und auch Franz Müntefering nach außen proklamieren und dem, was tatsächlich umgesetzt wird.

Zeigt der Streit um Schmoldts Äußerungen, dass der DGB zwischen regierungsnahen Pragmatikern und der wachsenden Schar oppositioneller Linkspartei-Anhänger zerrissen ist?

Ich finde, dass der DGB sich mit der politischen Agenda auseinandersetzen muss, die es gerade gibt – vollkommen unabhängig von der Farbenlehre.

Kann der DGB überhaupt eine politische Linie vorgeben – oder machen die mächtigen Einzelgewerkschaften ohnehin, was sie wollen?

Unsere Mitgliedsgewerkschaften sind – auch was ihre politische Ausrichtung anbelangt – eigenständig. Der DGB ist gefordert, die Mitgliedsgewerkschaften miteinander ins Gespräch zu bringen und für gemeinschaftliche Positionen zu sorgen. Wir müssen immer wieder unsere politische Ausrichtung diskutieren. Diese wird im DGB-Bundesvorstand mehrheitlich entschieden.

In NRW entsteht der Eindruck, dass sich der DGB an die Spitze der Gegner der schwarz-gelben Landesregierung stellt. Sie kritisieren Jürgen Rüttgers, sie sind bei Volksinitiativen mit dabei...

...aber nicht als Gründer, sondern nur als Unterstützer – so wie jetzt beim Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft. Unsere Ansprechpartnerin ist bei diesen Themen weiter die Landesregierung. Wir werden sicher nicht bei jeder Initiative mitmachen, die sich gegen die Landesregierung richtet.

Viele Gewerkschaftsmitglieder träumen von einer außerparlamentarischen Opposition, weil die Regierung Rüttgers im Landtag nicht auf ausreichenden Widerstand stößt.

Wir sind keine außerparlamentarische Opposition. Das müssen wir auch unseren Bündnispartnern immer wieder deutlich machen. Wir sind eine Arbeitnehmerorganisation und vertreten die Interessen unserer Mitglieder. Ich sehe keine Gefahr, uns vereinnahmen zu lassen.

INTERVIEW: KLAUS JANSEN

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