Bring them back, Angie!

Schöner Gruß aus Bielefeld: Lokalpolitiker, Studenten und Menschenrechtler fordern Angela Merkel auf, beim G-8-Gipfel in Russland für die Freilassung von zwei inhaftierten Fotografen zu kämpfen

VON KLAUS JANSEN

Angela Merkel soll von ihrem Russlandbesuch zwei ostwestfälische Studenten wieder nach Hause bringen. Lokalpolitiker, Kommilitonen und Menschenrechtler fordern die Freilassung der beiden Fotojournalisten Eike Korfhage und Henning Wallerius, die Mitte der Woche von der russischen Polizei inhaftiert worden waren. Ihnen wird vorgeworfen, vor Beginn des G-8-Gipfels in Sankt Petersburg „öffentlich uriniert“ zu haben. Die Studenten wollten eine Fahrradreise von Globalisierungsgegnern fotografisch begleiten.

„Die Menschenrechtslage in Russland muss auf der Tagesordnung stehen“, sagte der Bielefelder Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) der taz. Es sei „fast schon lächerlich“, wenn „das Verrichten einer Notdurft“ als Inhaftierungsgrund genannt werde. Der Bielefelder SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Wend hat sich ebenso wie seine CDU-Kollegin Lena Strothmann an das Auswärtige Amt gewandt, damit die Bundesregierung in Russland auf die Freilassung der Studenten drängt. „Es liegt die Vermutung nahe, dass die beiden von der Berichterstattung über den G-8-Gipfel abgehalten werden sollen“, sagte Wend. Er gehe davon aus, dass Merkel den Fall anspreche – in der gebotenen Diskretion. „Mit öffentlichen Anklagen erreicht man in solchen Fällen eher wenig“, so Wend.

Korfhage und Wallerius bestreiten den Vorwurf, gegen ein parkendes Auto gepinkelt zu haben. Bekannten zufolge hatten sie auch nicht vor, sich an Demonstrationen gegen den Gipfel zu beteiligen. „Sie hatten journalistische Distanz zu der Gruppe, die sie für uns begleitet haben“, sagt Kathrin Sielker, Chefredakteurin des Bielefelder Campussenders Radio Hertz. Auch die Fachhochschule Bielefeld bestätigt dies: „Ich bin mir sicher, dass sie sich nicht an Protestaktionen beteiligen wollte“, sagt der Studiendekan des Fachbereichs Gestaltung, Moritz Götte. Die Reise nach Sankt Peterburg sei Grundlage einer Seminararbeit für die Fachhochschule gewesen.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) sind Verhaftungen wegen Bagatellen in Russland keine Seltenheit. „Umweltaktivisten mussten bereits ins Gefängnis, weil sie die Straße falsch überquert haben“, sagt ai-Russlandexperte Peter Franck. Deshalb sei es notwendig, dass Angela Merkel bei ihrem Besuch die Menschenrechtslage noch einmal deutlich anspreche: „Wenn sie das tut, ist das allemal besser, als die Reise abzusagen.“ Genau das fordern jedoch die Organisatoren des Gipfel-Protests. In einem offenen Brief erklärt die so genannte „Offene Anti G 8 Gruppe Bielefeld“, dass eine Absage Merkels als „deutliches politisches Signal“ nur hilfreich für die Inhaftierten sein könne.

Kommilitonen der beiden Fotojournalisten haben in einer Online-Petition mehr als 800 Unterschriften für die Freilassung gesammelt – wenn auch mit geringen Erfolgsaussichten. Immerhin scheinen die Haftbedingungen erträglich zu sein: Die Studenten sind mit zwei russischen Demonstranten in einer Viererzelle untergebracht, und das Auswärtige Amt darf sie mit Essen versorgen. „Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut“, sagt Studiendekan Götte.