: „Haare brauchen Energie“
Eva Gertz, Sprecherin des Haarwuchsmittelherstellers „Alpecin“, über Doping, Radsport und Heuchelei
taz: Frau Gertz, Sie werben für Ihr Coffein-Shampoo mit dem Slogan „Doping für die Haare“. Doping ist doch kein positiver Begriff.
Eva Gertz: Der Slogan ist schon etwas älter, das fällt vielleicht jetzt negativ auf durch den Dopingskandal, in den Jan Ullrich verwickelt ist.
Doping war schon vorher verboten.
Doping für die Haare ist nicht verboten, Haare brauchen Energie. Coffein bringt Energie und wirkt. Wir sehen keinen Grund, zu reagieren und den Slogan zu ändern. Der Wirkstoff unseres Shampoos, Coffein, steht ja nicht auf der Liste der verbotenen Doping-Substanzen.
Glück gehabt, erst vor drei Jahren wurde Coffein von der Liste gestrichen.
Ja. Obwohl es nicht mehr verboten ist, haben wir sogar einen Warnhinweis für Sportler auf die Shampooflaschen gedruckt, dass nach Gebrauch Coffein in den Haarwurzeln nachgewiesen werden kann.
Jörg Ludewig, der für das Team T-Mobile fährt, aber nicht im Tour-Aufgebot ist, wirbt auch für ihr Shampoo. Hatte er als Radprofi und als einer, der gerade mit Dopingvorwürfen konfrontiert wurde, nicht Bauchweh bei diesem Slogan?
Diese Frage verstehe ich nicht. Wir sind der Haarausrüster von Jörg Ludewig. Gerade die Haare von Sportlern brauchen Unterstützung. Es handelt sich ja um Coffein, Sportler benutzen Coffein, es ist nicht verboten.
Verboten ist allerdings Finasterid, auch eine Substanz, die Haarausfall aufhalten soll, aber gleichfalls Anabolika-Missbrauch verdeckt.
Finasterid ist in unseren Shampoos nicht enthalten. Unsere Produkte können Sportler ohne Bedenken anwenden.
Sie haben mit ihrem Unternehmen bereits seit den 50er-Jahren Radsportler gesponsert.
Wir sind die ältesten Sportsponsoren in diesem Land. In den 50er- und 60er-Jahren hatten wir einen Radrennstall. Seit dieser Zeit sponsern wir zahlreiche Sportler und Veranstaltungen.
Sie würden aber nicht ernsthaft mit diesem Slogan auch die aktuelle Tour de France unterstützen?
Warum nicht! Wir unterscheiden ja deutlich zwischen verbotenen und nicht verbotenen Substanzen. Doping ist ein Reizwort, aber in unserem Fall ein legitimes Mittel.
Ist das nicht ein bisschen heuchlerisch?
Heuchlerisch ist doch eher der angebliche Kampf gegen Doping. Er muss ernsthafter geführt werden, wir und unsere Sportler setzen uns dafür ein, indem wir Warnhinweise aufdrucken und vor allem eine offene Politik betreiben. Ich finde, die Presse müsste uns loben.
INTERVIEW: JUTTA HEESS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen