piwik no script img

Opposition will die Wahl verhindern

THAILAND Am Sonntag soll gewählt werden. Wegen der massiven Proteste gegen ihre Regierung hat Premierministerin Yingluck Shinawatra die Wahlen vorgezogen. Den Machtkampf werden sie nicht lösen

Die Regierungspartei kann sich des Wahlsiegs sicher sein

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Die Wahlberechtigten vor dem Distriktbüro Yannawa in Bangkok sind aufgebracht: „Wir wollen uns unser Stimmrecht nicht nehmen lassen“, sagen sie. Doch die Türen bleiben verschlossen, selbst nachdem die Protestbewegung um Suthep Thaugsuban den Ort wieder verlassen hat. Für Unmut sorgt auch, dass der Beamte der Wahlkommission, der die Abstimmung hätte beaufsichtigen sollen, längst verschwunden ist.

Zur frühzeitigen Stimmabgabe ließen sich am vergangenen Sonntag knapp 2,2 Millionen Wahlberechtigte registrieren. Doch 440.000 davon konnten wegen der Blockade durch die Opposition nicht wählen. Das könnte ein Vorgeschmack auf die von der Opposition boykottierte Parlamentswahl an diesem Sonntag sein.

Die Protestbewegung um Suthep Thaugsuban, Exvizepremier und Exabgeordneter der oppositionellen Demokratischen Partei, hat geschworen, die Neuwahlen zu sabotieren: „Wir werden den Zugang zu jedem Wahllokal dichtmachen.“ Von der aggressiven Blockade waren bislang Bangkok und mehrere südliche Provinzen betroffen, die als Hochburg der Opposition gelten. Bereits Ende Dezember konnten sich Kandidaten politischer Parteien dort in 28 Wahlkreisen nicht registrieren, weil Sutheps Anhänger dies verhindert hatten. Ob Letztere es aber wagen werden, Wahllokale in den regierungstreuen Hochburgen im Norden und Nordosten zu belagern, ist fraglich.

Laut einer Umfrage beabsichtigen knapp 80 Prozent der Thais, zur Wahl zu gehen, wenn diese denn am 2. Februar wirklich stattfinde. Dann würden Suthep und seine Anhänger mit der Realität konfrontiert werden, sagt der Politikwissenschaftler Pitch Pongsawat von der Chulalongkorn-Universität in Bangkok zur taz. „Man muss nicht unbedingt mit der Regierung übereinstimmen, aber Menschen daran zu hindern, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen, ist eine grobe Verletzung demokratischer Prinzipien.“

Premierministerin Yingluck Shinawatra hatte am 9. Dezember das Parlament aufgelöst und Neuwahlen mit den mit Worten ausgerufen: „Wenn mich die Opposition loswerden will, dann soll sie mich abwählen.“ Doch Yinglucks Gegner sind an Wahlen eben nicht interessiert. Stattdessen müsse das ganze „Thaksin-Regime“ ausgemerzt werden. Suthep und seine Unterstützer, die einen demokratisch nicht legitimierten „Volksrat“ einsetzen wollen, halten Yingluck für eine Marionette ihres Bruders Thaksin Shinawatra. Der Milliardär war als Regierungschef 2006 vom Militär gestürzt worden. Zudem werfen sie Yinglucks Regierung Korruption und Machtmissbrauch vor.

Dabei ignoriert die Protestbewegung wohlweislich, dass ihr Wortführer Suthep selbst mehrfach in Korruption und mafiöse Machenschaften verstrickt war. Gegen den Willen der Wahlkommission, die einen Aufschub der Wahlen wollte und der Kritiker vorwerfen, mit den Regierungsgegnern unter einer Decke zu stecken, bestand Premierministerin Yingluck auf dem Termin 2. Februar, sekundiert von Dutzenden kleineren Parteien. Denn die haben bereits viel Geld für ihren Wahlkampf ausgegeben.

Yinglucks Partei Puea Thai kann sicher sein, durch die Abstimmung ein neues Mandat zu erhalten – im Gegensatz zur Demokratischen Partei, die sich mit dem Boykott jetzt ins politische Aus katapultiert. Thailands größte Oppositionspartei, die an den Wahlurnen gegen das Thaksin-treue Lager keine Chancen hat und Wahlen nun schon zum zweiten Mal seit 2006 boykottiert, macht dies, um eine ähnliche Staatskrise zu provozieren, wie sie damals zum Putsch gegen Thaksin führte. Jetzt agiert sie im Verbund mit Sutheps Protestbewegung. Diese Wahlen werden den Machtkampf nicht lösen. Einen Sieg der Puea Thai werden deren Gegner nicht anerkennen. Daher werde die Gewalt anhalten, prognostiziert Pitch Pongsawat. Die Opposition rede zwar von Reformen, ignoriere aber, dass diese auf der Einhaltung demokratischer Prinzipien basieren müssten. Doch diesen Prinzipien verweigere sich die Protestbewegung.

Bei einer weiterer Eskalation der Gewalt halten Beobachter einen neuen Putsch für möglich. Armeechef Prayuth Chan-ocha, der die Gerüchteküche selbst angefacht hatte, dürfte jedoch wissen, dass die Streitkräfte politisch so gespalten sind wie der Rest der Gesellschaft und dass ein Putsch auf heftige Gegenwehr der Regierungsanhänger treffen dürfte, der sogenannten Rothemden. Ein solches Szenario könnte Bürgerkrieg bedeuten.

Kritikern zufolge hofft die Opposition auch auf einen neuen „juristischen Putsch“, dem Thaksin-treue Parteien seit 2007 schon mehrfach zum Opfer fielen. Die Antikorruptionsbehörde kündigte auch bereits an, Yingluck und ihre Puea Thai wegen mutmaßlicher Vergehen zu überprüfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen