: Kein Einblick in die Gefahrenzone
KRIMINALITÄT An 22 Orten darf die Polizei ohne Verdacht kontrollieren. Opposition fordert Akteneinsicht
Mit einiger Verspätung ist die Diskussion von Hamburg nach Berlin geschwappt. Was ist der Sinn von verdachtsunabhängigen Kontrollen, und warum wird der Bürger nicht informiert, wenn er in einer sogenannten Gefahrenzone wohnt? Mit Fragen wie diesen wurde am Freitag Polizeipräsident Klaus Kandt konfrontiert. Grüne, Linkspartei und Piraten hatten das Thema auf die Tagesordnung des Innenausschusses gesetzt, der am Freitag außer der Reihe tagte.
In Hamburg hatte die Polizei Anfang des Jahres nach Angriffen vermeintlich linker Gruppen auf Polizeiwachen ganze Stadtteile zur Gefahrenzone erklärt. Das bedeutet Sonderrechte für die Polizei: Jeder und jede kann ohne Vorliegen eines konkreten Verdachts oder einer konkreten Gefahr kontrolliert werden.
In Berlin wird das Mittel schon lange eingesetzt, allerdings sind die Gebiete auf einzelne Straßen und Plätze begrenzt. Die Namen der Orte hält die Polizei strikt geheim. Verraten wird nur, dass derzeit 22 Gegenden als kriminalitätsbelastet eingestuft sind. Medienberichte, nach denen der Görlitzer Park, der Alexanderplatz, der Leopoldplatz und der Bahnhof Zoo dazugehören, will die Polizei nicht kommentieren.
Es handle sich um Orte, an denen mehr Straftaten als anderswo verübt würden, sagte Polizeipräsident Kandt am Freitag. Die Veröffentlichung der Namen hätte eine Stigmatisierung der Gebiete zur Folge und würde den Zweck der Maßnahme – die Strafverfolgung – gefährden. Welcher Ort wann zu einem gefährlichen Ort erklärt werde, bestimme die jeweilige Polizeidirektion und nicht der einzelne Polizist. Je nach Entwicklung der Kriminalitätsfallzahlen werde ein Ort „eingestuft oder ausgestuft“.
Es gehe dabei um Delikte wie Raub, Drogenhandel und gefährliche Körperverletzung. Personen, die dem Täterbild entsprächen oder ein für die Tat typisches Verhalten an den Tag legten, könnten so kontrolliert werden. Es handle sich dabei aber mitnichten um Racial Profiling – also um Kontrollen nach ethnischen Merkmalen, so Kandt.
Es war der frühere Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), der das Instrument der Gefahrenzonen entwickelt hat. Nach 20 Jahren sei es höchste Zeit für eine Evaluation, forderte am Freitag die Opposition. Wegen der Geheimhaltung hätten die Berliner keine Möglichkeit, die Praxis zu überprüfen, kritisierte Benedikt Lux (Grüne). Die Forderung nach Akteneinsicht begründete Christopher Lauer (Piraten): „Wir wollen sehen, was die Polizei da eigentlich macht“. PLUTONIA PLARRE
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