STEFAN REINECKE ÜBER DIE RENTENDEBATTE IN DER SPD: Versöhnen statt spalten
Was das politische Handwerk angeht, kann man vor der SPD derzeit den Hut ziehen. Sie schafft es, extrem strittige Identitätsfragen, vom Afghanistankrieg bis zur Hartz IV, fast gelassen zu debattieren. Das war nicht immer so. Nach Münteferings Hauruck-Führungsstil erweist sich der Kurs von Parteichef Gabriel, die Basis einzubeziehen, als klug. Auch der Kompromiss zur Rente mit 67 ist der Versuch, die äußerst kontroversen Positionen von Agenda-Anhängern und Gewerkschaftsflügel irgendwie unter einen Hut zu bringen.
Die Rente mit 67 wirkt in jetziger Form wie eine rabiate und willkürliche Rentenkürzung. Denn nur ein Drittel der 60 bis 64-Jährigen arbeitet derzeit. Aus demografischen Gründen wird die massive Arbeitslosigkeit im Alter künftig zwar abnehmen. Doch die Furcht, als Älterer mit Arbeitslosigkeit und magerer Rente doppelt bestraft zu werden, ist nicht unbegründet. Die SPD will die Einführung der Rente mit 67 deshalb davon abhängig machen, dass mindestens die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen auch wirklich Arbeit hat.
Das klingt vernünftig. Vor allem aber hat die SPD das Thema damit geschickt vertagt. Denn überprüfen will man dies erst 2015. Damit ist das Rententhema praktischerweise für den Bundestagswahlkampf entschärft. Misstrauisch macht auch die Sprunghaftigkeit der SPD in Rentendebatten. Vor 1998 polemisierte sie in der Opposition gegen Norbert Blüms demografischen Faktor. An der Regierung überholte sie erst mit Riester, dann mit Müntefering am Steuer Blüm auf der rechten Überholspur.
Vielleicht wird sich die SPD, falls sie wieder mal regieren sollte, an ihre heutige Skepsis der Rente mit 67 gegenüber erinnern. Vielleicht auch nicht. Vertrauen kann man darauf nicht. Viel wird davon abhängen, mit wem die SPD regiert.
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