: Die Botschaft aus Connecticut
Der prominente demokratische Senator Joe Lieberman hat die demokratischen Vorwahlen im US-Bundesstaat Connecticut verloren – gegen den politischen Newcomer Ned Lamont, der mit einer klaren Position gegen den Irakkrieg ins Rennen ging
VON BERND PICKERT
Es ist eine starke Botschaft: Joe Lieberman, im Jahr 2000 Vizepräsidentschaftskandidat von Al Gore, hat die demokratischen Vorwahlen für den Senat am Dienstag in seinem Bundesstaat Connecticut verloren. Mit 52 zu 48 Prozent unterlag der Amtsinhaber Lieberman seinem Herausforderer Ned Lamont, einem politischen Newcomer. Das Thema: der Irakkrieg.
Lamont positionierte sich mit einer konsequenten Antikriegshaltung und ließ kein gutes Haar an Lieberman, der bis heute den Irakkrieg mitträgt und als einer der wichtigsten Bush-Verbündeten im demokratischen Lager gilt.
In einer Rede vor seinen Anhängern kündigte Lieberman noch am Dienstagabend an, nach seiner Vorwahlniederlage nunmehr bei den Wahlen im November als unabhängiger Kandidat anzutreten – was ihm die Kritik der gesamten demokratischen Parteiführung einbringen dürfte, inklusive der des Expräsidenten Bill Clinton: Der hatte zwar Liebermans Kandidatur unterstützt, aber ebenso wie die Parteiführung angekündigt, im Wahlkampf hinter dem Sieger der Vorwahlen zu stehen. Sieger Ned Lamont sagte bei seiner Rede am Dienstag, er danke Lieberman für seinen Wahlkampf und seine Dienste als Senator in den vergangenen 18 Jahren – hoffe aber, „dass wir in den nächsten Tagen alle zu der Einsicht kommen, dass die Partei zusammenhalten und geeint voranschreiten muss“.
Ned Lamont, 52, ist ein wohlhabender Unternehmer. 2,5 Millionen US-Dollar hat er aus eigener Tasche in den Vorwahlkampf gesteckt. Seine Kampagne wuchs zunächst vor allem mit der Unterstützung von linken Bloggern, die den weitgehend unbekannten Lamont zu Anfang des Jahres erfolgreich als Antikriegskandidaten aufbauten. Techniken der Vernetzung zwischen Internet- und Grassroots-Wahlkampf, wie sie der in den Vorwahlen 2004 John Kerry unterlegene Präsidentschaftskandidat Howard Dean eingeführt hatte, charakterisierten seine Kampagne.
Im neuesten Rundbrief an seine Fangemeinde schrieb gestern der linke Filmemacher Michael Moore, das Vorwahlergebnis in Connecticut sei eine klare Warnung an alle demokratischen Amtsträger, die noch immer den Krieg unterstützten. An Senatorin Hillary Clinton, die im November ebenfalls um ihre Wiederwahl kämpft und als Aspirantin auf die Präsidentschaftskandidatur 2008 als gesetzt gilt, schreibt Moore: „Ich sagte Ihnen, dass Sie nie und nimmer die demokratischen Vorwahlen überstehen werden, wenn Sie nicht sofort anfangen, sich gegen den Krieg zu stellen. Es ist Ihre einzige Hoffnung. Sie und Joe [Lieberman] waren Bushs stärkste demokratische Kriegsunterstützer. Erkennen Sie die Zeichen?“
Doch bei aller Euphorie, mit der die Kriegsgegner die Niederlage Liebermans aufgenommen haben, stellen sich doch ernste Fragen für die demokratischen Wahlperspektiven überhaupt. Niemand zweifelt daran, dass die Republikaner das Thema „nationale Sicherheit“ wiederum ganz oben auf der Agenda haben werden – und trotz in den Umfragen stetig weiter sinkender Popularität des Irakkrieges ist durchaus Angst bei den Demokraten zu spüren, wiederum als unzuverlässige und gespaltene Partei dazustehen und zu verlieren.
Andererseits – und das ist auch die Hoffnung etwa Ned Lamonts – darf davon ausgegangen werden, dass die engagiertesten Gegner des Krieges und Präsident Bushs auch bei den traditionell eher schlecht besuchten „Zwischenwahlen“, also den Kongresswahlen zwischen zwei Präsidentschaftswahlen, an die Urnen gehen werden. Sicher ist: Seit Dienstag ist klar, dass sich an einer Position zum Irakkrieg kein Kandidat im November wird vorbeimogeln können.
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