: Sind wir die Schmutzfinken?
Laut einer Studie ist Hamburg die Dreckmetropole Deutschlands. Bei näherem Hinsehen kann jedoch Entwarnung gegeben werden: Einzig der Kiez unterscheidet die Stadt von den Konkurrenten
von Jessica Riccò
Einer in 10 Großstädten durchgeführten Studie zu Folge ist Hamburg die schmutzigste Stadt Deutschlands. Zumindest die Hannoversche Allgemeine Zeitung ließ es sich nicht nehmen, sich gestern mit der Schlagzeile „Sauberer als Hamburg“ zu rühmen. Hannover selbst liegt auf Platz vier, am saubersten schnitt Frankfurt am Main ab, gefolgt von Düsseldorf und Stuttgart. Selbst Berlin liegt mit dem achten Platz vor Schlusslicht Hamburg.
Übersehen wurde dabei jedoch, dass sich alle teilnehmenden Städte zwischen den Bewertungspunkten 9 und 11 tummeln – auf einer Skala von 0 (klinisch rein) bis 30 (stark verdreckt). Damit befinden sich alle Städte im oberen Drittel des Sauberkeitsvergleichs. Wie es dennoch zum feinen Unterschied zwischen Hannover und Hamburg kommen kann, erklärt Franziska Saniter, Pressesprecherin der Hannoverschen Stadtreinigung „aha“: „Die Kollegen in Hamburg haben oft mit noch ganz anderen Dingen zu kämpfen als wir Hannoveraner.“ Besonders der Kiez habe Hamburgs weiße Weste beschmutzt: Dort werden die Straßen zwar 18 Mal pro Woche gereinigt, für die Sauberkeit der Gehwege sind jedoch die Anwohner verantwortlich. Vergleichbare Gebiete gibt es in Hannover nicht, meint Franziska Saniter: „Die klitzekleine Puffstraße kann man ja wohl vergessen.“
Ein weiterer wesentlicher Unterschied dürfte die Art des Schmutzes in Hannover und Hamburg sein: Eine Studie der Humboldt Universität Berlin untersuchte im vorigen Jahr, welche Faktoren das Sauberkeitsempfinden der Bewohner beeinflussen. Dabei stellte sich heraus, dass Graffiti und beschmierte Papierkörbe störender empfunden werden als herumliegende Verpackungen oder Unkraut. Nun ist Hannover zwar für den größten Stadtwald Europas bekannt, nicht aber für seine Wandbemalungen.
Was Häufigkeit und Qualität der Stadtreinigung angeht, ist Hamburg jedoch führend. Dazu hat die Stadt mit 3,3 Reinigungskräften pro 10.000 Einwohner eine der kostengünstigsten Stadtreinigungen der Studie. Zum Vergleich: In Wien kehren für dieselbe Anzahl an Personen 7,8 Reinigungskräfte.
Um auf die Straße geworfenen Müll zu reduzieren, ziehen sprechende Mülleimer die Aufmerksamkeit der Passanten seit einem Jahr auf sich. Die ehemals mausgrauen Eimer wurden häufig übersehen. Seit sie in leuchtendem Rot und mit weit aufgerissenen Augen und Mäulern an den Straßen stehen, werden sie häufiger genutzt, berichtet die Stadtreinigung Hamburg. Nicht zuletzt ziehen Sprüche wie „Bin für jeden Dreck zu haben!“ das Auge des Betrachters auf sich.
Als einzige der teilnehmenden Städte wird Frankfurt von einem Privatunternehmen gereinigt. Auch wenn sich das Konzept für die Bankenmetropole /Hauptstadt des Verbrechens zu rentieren scheint, kommt eine solche Lösung für Hamburg nicht in Frage: Im Umland haben die Gemeinden Elmshorn und Uetersen schlechte Erfahrungen mit privaten Reinigungsunternehmen gemacht. Dort hatten Firmen die Straßenreinigung mit modernen Fahrzeugen übernommen, diese jedoch nach wenigen Wochen durch alte Geräte ersetzt. Die hohen Reparaturkosten fielen auf die Gemeinden zurück. Ebenso mussten sie für Sonderleistungen wie die Reinigung von Plätzen nach Großveranstaltungen dazuzahlen.
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