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Politisch motivierte Gewalt nimmt zu

VERBRECHEN Kriminalitätsstatistik mit gemischter Bilanz. Insgesamt stagniert Anzahl der Straftaten

Der Konflikt um das Flüchtlingsheim in Hellersdorf hinterlässt Spuren in der Statistik zu politisch motivierter Kriminalität (PMK) für das Jahr 2013. Das geht aus der Kurzfassung des Zahlenwerks hervor, die Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Klaus Kandt am Montag im Roten Rathaus vorstellten. Die komplette Fassung wird erst im April veröffentlicht.

Zwar lag die Zahl der erfassten Taten aus dem rechten Spektrum unverändert bei 1.361, die Zahl der Gewaltdelikte wuchs allerdings um 23 auf 83. Betrachtet man nur die 77 Fälle von Körperverletzung, stiegen diese sogar um knapp 43 Prozent. Im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Hellersdorfer Unterkunft, die im August eröffnet wurde, stehen 64 rechte Taten, davon fünf Gewaltdelikte.

Die von der Polizei dem linken Spektrum zugerechneten Taten sind von 866 auf 1.023 angestiegen – davon 276 Gewaltdelikte (ein Plus von 32 Prozent) und 101 Fälle von Körperverletzung (plus 60 Prozent). Bei den Aktionen gegen rechts in Hellersdorf notierten die Statistiker politisch motivierte Gewalt in 45 Fällen.

Leicht gestiegen sind die unter „politisch motivierte Ausländerkriminalität“ gezählten Delikte (um zwölf auf 196). Auch hier treiben aber einzelne Anlässe die Gesamtzahl hoch: Allein nach einer Solidaritätsdemo für PKK-Gründer Abdullah Öcalan am 16. November kam es zu 35 Ermittlungen wegen „öffentlichen Zeigens verbotener Symbole“.

„Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung“ wird auch in der PMK-Statistik verzeichnet, ohne dass sie sich einem einzelnen politischen Lager zuordnen ließe. Hier gab es einen Anstieg auf 87 Fälle (plus 14,5 Prozent), den Kandt aber auf gesteigerte Anzeigebereitschaft zurückführte: „Wir werten das als Zeichen des Vertrauens in die Polizei.“

Auch eine vorläufige Version der allgemeinen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) präsentierte das Gespann Henkel/Kandt. Hier ist das Bild gespalten. In der Gesamtschau stagniert die Zahl der erfassten Straftaten. Mit 503.165 wurde zwar die halbe Million erstmals seit 2005 geknackt, betrachtet man aber die „Häufigkeitszahl“, die die Relation zur steigenden Einwohnerzahl herstellt, beträgt der Zuwachs nur 0,1 Prozent.

Weniger Mordfälle

Innerhalb der Gesamtzahl hat sich freilich einiges verschoben: Wie Henkel zufrieden konstatierte, sank die Zahl der Gewaltdelikte deutlich. Mord- und Totschlagsdelikte gab es nur in 106 Fällen, ein Rückgang um 27,9 Prozent. Sexualdelikte sanken um 6,6 Prozent auf 2.628 Fälle, Rohheitsdelikte um ein Prozent auf 63.183. Der Senator führte dies auf erhöhte Polizeipräsenz an gefährlichen Orten, aber auch auf seinen „Wertedialog“ zurück.

Kein Grund zur Freude für Henkel und Kandt: der Zuwachs bei den Diebstählen. 6.659 Autos wurden geklaut (ein Zuwachs von 15,6 Prozent), die Taschendiebstähle wuchsen im selben Maße auf 20.794. Weil diese Delikte seltener aufgeklärt werden, sank auch die Aufklärungsquote insgesamt um einen Prozentpunkt auf 43,7 Prozent.

Dieses „dramatische Niveau“ kritisierte der innenpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Benedikt Lux: Kriminalität habe wieder „Konjunktur“ in Berlin. Lux forderte Innensenator Henkel auf, vor dem Innenausschuss die „Verschlechterung der Sicherheitslage“ zu erklären. C. PRÖSSER

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