: Luftkampf in der City
Weil alle „Aktionspläne“ für sauberere Luft nichts nützen, denkt das Umweltressort jetzt über eine Umweltzone für Alt- und Neustadt nach. In die dürften nur noch schadstoffreduzierte Autos fahren
von Armin Simon
Der Staub hat sich gelegt. Nicht der feine in der Luft, sondern der aufgeregt aufgewirbelte. Der hektisch „Aktionspläne“ gebar, dreckigem Asphalt zweitäglich eine Feuchtreinigung spendierte, rußende Busse in andere Stadtteile verbannte, kryptische Schilder pflanzte. Durchfahrt für Lkw verboten, signalisieren sie, der Grund dafür: „Feinstaub“, die Ausnahme: „Euro 4“.
Jetzt, ein Jahr später, hat das Umweltressort, durchaus selbstkritisch, Bilanz gezogen. Ein Ergebnis: Die Nassreinigung der Straßen wird „als wenig erfolgversprechend wieder eingestellt“. Der Aufwand war groß, der positive Effekt „minimal“. Sinnvoll zwar die Kontrolle der Baustellen. Doch nicht minder problematisch – denn: „wir können nicht jede Baustelle kontrollieren.“ Und was die „ein bisschen handgestrickten“ Schilder betrifft, weiß niemand, wieviele Laster-Fahrer sie verstehen. Oder gar befolgen. Kontrollen sind laut Polizei äußerst schwierig. Wer sieht einem Lkw schon dessen Abgaswerte an?
Zehn Maßnahmen hatte der Senat als Luftreinhalteplan beschlossen und nach Brüssel gemeldet, darunter viele mittel- und langfristige wie den weiteren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. „Es wäre denkbar“, räumt Ralf Wehrse, Leiter des Immissionsschutzreferats im Umweltressort, ein, dass die EU das Paket als „wenig wirksam“ einstuft. Wehrse hat sich dafür schon gewappnet. Denn ein Drittel des Feinstaubs in der Luft stammt vom Verkehr, an Verkehrsknotenpunkten sogar die Hälfte. „Wenn man nicht bestimmte Verkehre aussperrt, kommt man nicht zum Ziel“, weiß er. Sein Plan B: „Wir denken darüber nach, eine Umweltzone auszuweisen.“ Zwischen Hollerallee und Osterdeich, vielleicht sogar zwischen Hollerallee und Neuenlanderstraße, gälte dann ein Fahrverbot für besonders luftverschmutzende Fahrzeuge.
Voraussetzung ist die so genannte Plakettenverordnung, die gerade den Bundesrat passiert hat und die Kennzeichnung von Fahrzeugen nach deren Abgaswerten regelt. Denkbar für Bremen wäre Wehrse zufolge in einem ersten Schritt ein Fahrverbot für Wagen, die Schadstoffnorm „Euro 3“ nicht einhalten können – betroffen: jedes fünfte Auto. Für Anlieger und Lieferanten könnten Ausnahmen gelten, ebenso für die aus verkehrlicher Sicht wichtige Nord-Süd-Verbindung Friedrich-Ebert-Straße. Entscheidend dürfte allerdings sein, ob sich die Luftverschmutzung so unter die Grenzwerte drücken lässt. „Wenn es nicht reicht, muss man sich andere Szenarien überlegen“, kündigt Wehrse an.
Der Bremer BUND und die Grünen begrüßten die Planungen ausdrücklich. Die Maßnahmen des früheren CDU-Umweltsenator Jens Eckhoff hätten an der Luftverschutzung „im Prinzip nichts geändert“, so BUND-Verkehrsexperte Georg Wietschorke. Das Problem sei „mit kleinräumigen Aktionsplänen nicht in den Griff zu kriegen“. Eckhoffs Nachfolger Ronald-Mike Neumeyer (CDU) müsse sich diesen Fakten stellen.
Bewegung könnte eine Umweltzone auch in die verfahrene Situation am Rembertikreisel bringen. Das dort geplante neue Stadtviertel droht an der zu schlechten Luft zu scheitern: Die Bebauung würde das Abziehen der Schadstoffe noch weiter behindern. Würden allerdings alle Fahrzeuge schlechter als „Euro 4“ ausgesperrt, sänke die Luftbelastung einem Gutachten zufolge dort um mehr als ein Drittel. Genug, um eine Bebauung zu erlauben. Noch diese Woche will das Umweltressort erste Modellrechnungen zu Umweltzonen in Auftrag geben, Ende Oktober soll der Arbeitskreis Luftreinhaltung die Vorschläge diskutieren.
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