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„Die Berliner mögen uns Schwarze nicht“

AUS GHANA Über Libyen und Lampedusa kam Leyla S. nach Berlin. Hier ist die 34-Jährige sehr einsam

Erst habe ich in dem Camp auf dem Oranienplatz gelebt, seit Dezember wohne ich in der Caritas-Unterkunft in Wedding. Unter 80 Flüchtlingen dort bin ich die einzige Frau. Ich komme aus Ghana. Meine Großmutter hat mich aufgezogen. Für Bildung war kein Geld da.

Ich musste weg. Geh nach Libyen, da wird Arbeit gut bezahlt, wurde mir geraten. Meine Ehe war kaputt. Meine beiden Töchter, die eine neun, die andere zwölf, leben bei meinem Exmann und dessen neuer Frau. Über Nigeria bin ich nach Libyen. Wir waren 50 Leute auf dem Truck. Die Reise ist sehr gefährlich. Die meisten Frauen haben nicht die Kraft dazu. Man sieht unterwegs viele Leichen. Es kommt vor, dass Passagiere in der Wüste ausgesetzt werden.

Ich war vier Jahre in Libyen. Ich habe genug verdient, um meinen Kindern das Schulgeld zu schicken. Dann kam der Krieg, und ich musste fliehen. Auf dem Boot nach Lampedusa waren unter 150 Flüchtlingen 20 Frauen. Wir mussten unter Deck bleiben, wo man den Fisch aufbewahrt.

Anfangs habe ich hier in der Unterkunft für alle gekocht. Nachdem es Beschwerden gab, tue ich das nicht mehr. Einer der Männer hatte seinen Mund im Küchenbecken ausgespült. Ich habe ihn ausgeschimpft: „Wie kannst du das in dem Becken tun, in dem ich den Fisch wasche? In dem wir die Teller waschen?“ Ich bin eine Frau. Der Ort, wo ich bin, hat sauber zu sein.

Die Berliner mögen uns nicht, weil wir schwarz sind. In Italien war es genauso. So etwas habe ich in Europa nicht erwartet.

Ich fühle mich sehr allein. Weil ich nicht arbeiten darf, kann ich kein Geld nach Hause schicken. Das ist schlimm. Ich hoffe, dass ich einen Mann finde, meine Töchter holen kann und wir gut leben. PROTOKOLL: PLU

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