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„In irgendein Lager gesteckt“

Diskussion über minderjährige Flüchtlinge

Conni Gunßer, 54

■ ist Mitglied des Flüchtlingsrats Hamburg und des Bundesfachverbands „Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V.“ Foto: Privat

taz: Frau Gunßer, wie verhindern Behörden die Inobhutnahme junger Flüchtlinge ?

Conni Gunßer: Eine Methode ist, das Alter in Frage zu stellen und die Jugendlichen zwangsweise zu Altersuntersuchungen zu schicken. Das ist von mehreren Gerichten und Ärzteverbänden als unrechtmäßig angezweifelt worden. Die andere ist, dass Minderjährige in Haft gesteckt werden mit Begründungen wie der, sie hätten illegal gearbeitet.

Wie häufig passiert das?

2009 haben 402 Flüchtlinge gesagt, sie seien minderjährig, und 226 wurden für mindestens 18 erklärt, also über 50 Prozent.

Warum wird das getan?

Es soll natürlich gespart werden, weil die Betreuung von jungen Flüchtlingen Geld kostet. Aber Hamburg soll da mal nicht so tun, die Kosten werden bundesweit umgelegt. Das Problem ist, dass in letzter Zeit massiv Plätze abgebaut wurden und jetzt die Einrichtungen aus allen Nähten platzen.

Was bedeutet das für die Jugendlichen?

Für die, die innerhalb Deutschlands verteilt werden, dass sie in irgendein Lager gesteckt werden, meistens mitten im Wald, wo sie nicht die Schule besuchen können, wo es überhaupt keine Unterstützung gibt. Oft werden sie auch in andere EU-Länder, nach Malta, Italien oder Ungarn zurückgeschickt, wo sie auf der Straße leben müssen und der Gefahr der Abschiebung ausgesetzt sind. INTERVIEW: LINDA BODECK

Diskussion zum Umgang mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen in Hamburg: 19.30 Uhr, Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 12

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