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Depression hinter dem schönen Schein

Die Sanierung der Plattenbaugebiete konnte den Wegzug nicht verhindern. Aber mit dem „Europaviertel Berlin“ in Hellersdorf wird Stadtentwicklung infantil. Denn Illusionen aufzumalen, wird die Probleme der Bewohner nicht lösen

Jetzt soll’s die Fassade richten. Mit dem Projekt „Europaviertel Berlin“ tritt Hellersdorf in eine neue, und zwar in seine infantile Phase der Stadtentwicklung.

Da hilft es vielleicht, an die ersten und ernst zu nehmenden Phasen zu erinnern. Gleich nach der Wende stand die Frage auf der Tagesordnung: wie weiter mit den Großsiedlungen im Osten. Nicht wenige plädierten für Abriss, doch der damalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) hat sich für das Gegenteil entschieden – die Sanierung.

Mittlerweile ist diese Sanierung im Wesentlichen abgeschlossen, an den Problemen von Hellersdorf, Marzahn oder Lichtenberg hat sie wenig ändern können. Die Jungen ziehen weg, die Quartiere schrumpfen.

Da half es auch nicht, dass mit der „Hellen Mitte“ in Hellersdorf ein anderer Weg eingeschlagen wurde als in Marzahn: Verdichtung und Zentrumsbildung gegen die Kräfte des Zentrifugalen.

Auch Berlin macht inzwischen nicht mehr Halt vor dem Abriss. Und dort, wo man genügend Nachfrage für Besserverdienende vermutet, wird die Platte abgetreppt, so wie bei den Ahrensfelder Terrassen. Die Stadterneuerung, so lautete die bittere Lektion, ist kein Allheilmittel für eine bessere Zukunft. Dass die aufgemalten Illusionen einer anderen, vielleicht besseren Welt auch kein Allheilmittel sind, wird man dagegen erst noch lernen müssen. Natürlich, zunächst einmal verschaffen bunte Altstadtfassaden aus Amsterdam oder Hildesheim jene Aufmerksamkeit, die die Quartiere, vor allem aber ihre Bewohner dringend nötig haben.

Doch was folgt, wenn die Journalisten und der Investor wieder weg sind? Nicht noch mehr Depression, weil die Welt hinter der Fassade doch nicht so ist, wie es der schöne Schein suggeriert? Will man, derart desillusioniert, nicht noch schneller weg? Diesmal halt nach Amsterdam oder Hildesheim?

Natürlich, ein paar Jobs werden mit solchen Projekten, auch für die Jugendlichen vor Ort, geschaffen. Und der Investor wird seine Wohnungen bestimmt besser vermieten als eine Wohnungsbaugesellschaft ein paar Blocks weiter. Besser aber wäre es gewesen, die Bewohner mit einzubeziehen. Warum nicht die jungen Erwachsenen, die sonst weggehen, fragen, was sie hinter welcher Fassade selber wollen. Auch wenn dann vielleicht keine Tapasbar zur Antwort kommt, sondern eine Kiste Bier. Das wäre nicht infantil, sondern realistisch. Früher nannte man das übrigens Bürgerbeteiligung. UWE RADA

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