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Aufruf zum Ostermarsch

„Bild“ schießt gegen russische Panzer und kriegt eine Breitseite

VON BERT SCHULZ

Es ist immer wieder erschreckend, wie viele Kriegsmetaphern in die journalistische Sprache eingegangen sind. Da wird mit Kanonen geschossen (auf Spatzen und anderes), jemand gerät unter Beschuss, andere fahren schwere Geschütze auf, jemand geht deswegen in Deckung. Ganz selten sind diese Ausdrücke unseren ziemlich friedlich Breiten angemessen: etwa, wenn Bild und B.Z. die Panzer am russischen Ehrenmal auf dem 17. Juni mittels Unterschriftenlisten abschießen wollen.

Und deswegen bereits einen Tag nach der Kriegserklärung – erwartungsgemäß – eine Breitseite von der Bundesregierung bekommen: Der Bund hat sich 1990 verpflichtet, das sowjetische Ehrenmal im Tiergarten „zu achten, erhalten und zu pflegen“.

Aufmarsch der Krieger

Natürlich sind die Panzer nicht nur ästhetisch aus der Zeit gefallen. Aber das publizistische Bombardement der beiden Springer-Zeitungen wirkt nicht weniger anachronistisch und kaltkriegerisch, will es doch Symbol sein gegen Putins Politik in der Ostukraine.

Doch vielleicht hat diese Blitzniederlage auch ihr Gutes, und die Panzerfäuste bei Bild wenden sich fortan der Friedensbewegung zu, die, was Panzer betrifft, viel mehr erreicht hat. Am Samstag ist Ostermarsch. Eine ordentlicher Springer-Truppe mit ein paar Holzpanzern unterm Arm, angeführt von Bild-Hippie-Nerd Kai Diekmann, würde die Demo deutlich verjüngen und für frischen Wind in der Bewegung sorgen. „Frieden schaffen ohne Waffen“ wäre zugleich ein schönes Motto für die Ukraine. Und der Sprache täte es auch gut.

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