piwik no script img

Ehrenpate Wulff in Not

COURAGE Eine Gemeinde bei Güstrow weigert sich, einer rechtsradikalen Familie die Ehrenpatenschaft-Urkunde des Bundespräsidenten auszuhändigen. Die wird beim siebten Kind fällig – wenn es deutsch ist

Die Urkunde über die Ehrenpatenschaft von Bundespräsident Christian Wulff für das jüngste Kind der Familie Müller war schon eingetroffen. Doch das Amt Krakow am See bei Güstrow übergab sie nicht. „Mit diesem Akt wollten wir die Eltern nicht hofieren“, sagt Reinhard Knaack, der Bürgermeister von Lalendorf, wo die Müllers wohnen. Marc und Petra Müller sind seit langem in der rechtsextremen Szene engagiert.

Beim Bundespräsidialamt war die zuständige Stelle überrascht. „Der Vorgang wird überprüft“, sagt der Pressesprecher. Die Ehrenpatenschaften seien aber nur „ein symbolischer Akt“.

Den Antrag für eine Ehrenpatenschaft stellen die Eltern in der Regel selbst. Voraussetzung ist, dass „einschließlich des Patenkindes mindestens sieben lebende Kinder vorhanden sind“, außerdem muss „das Patenkind Deutsche(r) sein“. Diese Vorrausetzungen erfüllt die Familie aus dem mecklenburg-vorpommerischen Lalendorf. „Bei der Entscheidung werden diese formalen Kriterien alleine überprüft“, sagt Wulffs Sprecher.

Seit Jahren ist die zugezogene Familie in der rechten Szene aktiv. Sie besuchte Lager der 1994 verbotenen Wiking-Jugend, bei der Nachfolgeorganisation, der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ), gehörte sie bis zum Verbot 2009 zur Einheit Schwaben. Petra Müller war 2006 bei der Gründung des „Ring Nationaler Frauen“ dabei – einer NPD-Unterorganisation. Marc Müller ist Vorsitzender der rassistischen „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung“, der auch der „Heisenhof“ gehört. „Wir kennen sie“, sagt Knaack, „und wir schauen wie sie sich in der Gemeinde einbringen.“

Mit der Patenschaft geht nicht nur ein Geldgeschenk des Ehrenpaten einher. Laut dem „Antrag auf Übernahme der Ehrenpatenschaft“ werden zudem die Kommunalbehörden aufgefordert „sich ihrerseits der Familien anzunehmen“. Diese Bitte missfällt der Gemeinde Lalendorf. „Die Entscheidung richtet sich alleine gegen die Eltern, die Kindern werden nicht benachteiligt“, sagt Bürgermeister Knaack. Die Kinder würden in der Gemeinde nicht ausgegrenzt. „Das wäre das falscheste was wir tun könnten. Die Kinder sind uns willkommen.“

Ob die Ehrenpatenschaft zustande kommt, ist unklar, Wulffs Sprecher möchte sich nicht festlegen. Es sieht so aus, als ob die Gemeinde den Bundespräsidenten vor einer peinlichen Situation bewahrt hat. ANDREA RÖPKE/ANDREAS SPEIT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen