: Zuwanderungsmarketing soll mehr Fachkräfte locken
INTEGRATION Sachverständigenrat sieht Deutschland auf gutem Weg. Das Thema Islam spaltet aber
BERLIN taz | Das publizistische Dauerfeuer von Bestsellerautoren wie Thilo Sarrazin, Necla Kelek, Akif Pirinçci oder Hamed Abdel-Samad, der gläubigen Muslimen in seinem neuen Buch einen Hang zum Faschismus unterstellt, zeigt Wirkung. Das lässt sich regelmäßig an Ergebnissen von Umfragen zur Akzeptanz von Muslimen ablesen, auch am „Integrationsbarometer“ des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR).
Das Integrationsbarometer ist das Herzstück des Jahresgutachtens, das der Sachverständigenrat seit fünf Jahren regelmäßig vorlegt. Es misst die Stimmung von Zuwanderern und Mehrheitsgesellschaft in Integrationsfragen. Erstmals wurde dabei nach der rechtlichen Gleichstellung des Islams mit anderen Religionsgemeinschaften gefragt. Dabei zeigt sich die deutsche Gesellschaft tief gespalten. So lehnt eine Mehrheit der Deutschen ohne Migrationshintergrund (53 Prozent) die Aussage: „Der Islam ist ein Teil Deutschlands“, ab. 44 Prozent stimmen ihr zu. Unter den Befragten mit Migrationshintergrund ist es umgekehrt: 54 Prozent stimmen ihr zu, 44 Prozent lehnen sie ab.
Praktische Konsequenzen hat diese Haltung aber nur bedingt. Denn eine knappe Mehrheit aller Befragten mit wie ohne Migrationshintergrund ist für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen, zwei Drittel aller Befragten begrüßen sogar die Lehrstühle für islamische Theologie, die an deutschen Hochschulen eingerichtet wurden.
Was als religiös begründete Sonderrechte von Muslimen empfunden wird, stößt dagegen auf Ablehnung. Eine religiös begründete Befreiung vom Schwimmunterricht etwa finden 68 Prozent der Deutschen mit und 76 Prozent derjenigen ohne Migrationshintergrund falsch, eine Mehrheit lehnt auch das muslimische Kopftuch von Lehrerinnen ab. „Wer glaubt, daraus eine generelle islamskeptische oder gar islamfeindliche Haltung der Bevölkerung ableiten zu können, der irrt“, sagte SVR-Vorsitzende Christine Langenfeld zu diesen Ergebnissen. Wer jedoch meine, es müsse nichts passieren, der irre ebenfalls.
In seinem fünften Jahresbericht zieht der Rat ein positives Fazit der Fachkräftezuwanderung. Die Möglichkeiten dafür seien deutlich verbessert worden. „Deutschland hat sich auf den Weg gemacht zu einem modernen Einwanderungsland“, so Langenfeld. Lediglich hinsichtlich der Fachkräfte aus Staaten außerhalb der EU fehle es noch an gezieltem „Einwanderungsmarketing“.
Im Bereich der Asylpolitik mahnte der SVR eine solidarischere Verteilung von Flüchtlingen in Europa an. Große Probleme sieht der Rat dagegen bei der Integration von Kindern und Jugendlichen im Bildungsbereich. Viele Schüler aus Einwandererfamilien hinkten im Unterricht hinterher. Die Sprachförderung, eine Unterstützung sowie Ganztagsangebote müssten zentral und zügig ausgebaut werden.
DANIEL BAX
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