: Unschöne Kratzer am Billy-Regal
IKEA In Schweden bereits ein Bestseller: „Die Wahrheit über Ikea. Ein Manager packt aus“. Der langjährige Mitarbeiter Johan Stenebo erhebt schwere Vorwürfe gegen die Unternehmensführung des Möbelhauses
Johan Stenebo hielt Ikea 20 Jahre lang die Treue. Der ehemalige Manager und Assistent des Firmengründers Ingvar Kamprad, hat allerdings nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen ein Buch geschrieben, das nun veröffentlicht wurde: „Die Wahrheit über Ikea. Ein Manager packt aus“. Darin kritisiert er nicht nur die Unternehmensführung des Möbelhauses, sondern auch Greenpeace. Angeblich gehöre die NGO zu den Beschützern des Konzerns und würde sich nicht trauen, Kritik an Ikea zu äußern. Das ließ Greenpeace nicht auf sich sitzen.
In einer öffentlichen Stellungnahme reagierten sie auf die Vorwürfe des ehemaligen Ikea-Managers: „Die Aussage, dass Greenpeace zu den Beschützern des Konzerns gehört, ist falsch.“ Greenpeace habe Ikea Ende der 1990er Jahre dazu angeregt, das Projekt „Global Forest Watch“ zum Schutz von Urwäldern zu unterstützen, nachdem Ikea sich an Greenpeace gewandt hatte. Allerdings sei dieses Projekt komplett unabhängig von Greenpeace entstanden und es gebe auch sonst keine Zusammenarbeit mit Ikea. Außerdem wird betont, dass sie vor einer Kritik keinesfalls zurückschrecken würden: „Ikea wird von Greenpeace als Umweltzerstörer benannt, wenn wir dafür Belege haben.“ Ob das nun die wirkliche Wahrheit über Ikea und Greenpeace ist, lässt sich nur anhand dieser Aussagen nicht beurteilen.
Stenebos Wunsch nach Wahrheitsoffenbarung richtet sich aber in erster Linie gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. An diesem unflätigen Widersacher wird Ikea ganz schön zu knabbern haben. Denn Stenebos Arbeit in den höheren Etagen des Konzerns gewährte ihm tiefe Einblicke in die Unternehmenskultur. In seinem Buch prangert er das in der Öffentlichkeit bescheidene Auftreten und Saubermann-Image des Konzerngründers an, der hinter der Fassade des freundlichen alten Herren so einiges zu kaschieren versucht. Ingvar Kamprad sei ein intelligenter, gerissener und geiziger Geschäftsmann, der zugunsten der Profitmaximierung seines Unternehmens auch vor Umweltsünden und Niedriglöhnen nicht zurückschrecke.
Stenebo wirft ihm vor, sich nur für Umweltbelange zu interessieren, wenn dies dem Image des Konzerns nütze, und um zu vertuschen, dass das Holz für die Ikea-Möbel aus Sibirien komme, und zwar aus der illegalen Urwaldabholzung. Neben rassistischen Vorurteilen unterstellt Stenebo der Unternehmensführung von Ikea auch, viel zu niedrige Steuern zu zahlen. Letzteres entspricht der Vermutung der Gewerkschaft Ver.di, Ikea betreibe „organisierte Steuerflucht“.
Stenebos Beschreibung ist aufschlussreich. Doch wie so oft, wenn Manager über ihr ehemaliges Unternehmen auspacken, bleibt die Frage, warum sie nicht während ihrer Amtszeit die Unternehmensführung harscher kritisiert haben. BIRTE FÖRSTER
■ Johan Stenebo: „Die Warheit über Ikea. Ein Manager packt aus“. Campus, Frankfurt/ New York 2010, 286 Seiten, 24,90 Euro
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