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DAS ENTSCHEIDENDE DETAILVerrat fürs Ego

DIPLOMATIE Die von Wikileaks enthüllten Dokumente sind ein Witz verglichen mit dem, was Otto von Bismarck auspackte. Er trug dazu bei, den Ersten Weltkrieg auszulösen

Verrat ist eine Frage des Datums, meinte der französische Bischof und Politiker Charles Maurice de Talleyrand (1754–1838). Ob Wikileaks mit der Veröffentlichung des Diplomaten-Geredes Verrat begangen hat, müssen Juristen beantworten. Historisch folgenreichere Veröffentlichungen von Geheimpapieren gab es allemal. 1890 trat Reichskanzler Otto von Bismarck zurück. Er nahm kistenweise Akten aus der Reichskanzlei in Berlin mit an seinen Ruhestandssitz. Behilflich war ihm sein Sekretär Lothar Bucher. Zusammen arbeiteten sie in den folgenden Jahren an Bismarcks Memoiren. In Bismarcks Bemühen, „selbst das Bild von sich zu gestalten“, sieht der Historiker Otto Pflanze einen „Akt des Größenwahns“. Auch vor Geheimnisverrat schreckte Bismarck nicht zurück: Die Hamburger Nachrichten verrieten am 24. Oktober 1896 die Existenz des Geheimvertrags von 1887 mit Russland. Russland und das Kaiserreich verpflichteten sich darin zu Neutralität, falls Russland von Österreich-Ungarn und Deutschland von Frankreich angegriffen werden sollte. Deutschland gab vorab eine Blankovollmacht für einen russischen Angriffskrieg gegen Österreich-Ungarn und Russland war bereit, einen deutschen Angriffskrieg auf Frankreich hinzunehmen. Bismarcks Enthüllungen verschärften jene Spannungen, die mittelfristig zum Ersten Weltkrieg führten. Verglichen damit sind die Wikileaks-Papiere Boulevardtratsch, der bald vergessen sein wird. RUDOLF WALTHER

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