KOMMENTAR: ERSTWÄHLER ZUR WAHL DER BEZIRKSVERSAMMLUNG: Wählen gehen!
Am kommenden Sonntag dürfen erstmals 16-Jährige in Hamburg wählen. Zwar nur für die Bezirksversammlungen, aber immerhin. Die Straßenbäume und Laternen sind mit Plakaten vollgehängt, an jeder Ecke ein anderes Gesicht. Der Musterwahlzettel auf dem Schreibtisch ist noch unübersichtlicher, viele unbekannte Namen. Soll ich mich für den Typ mit dem Doktortitel entscheiden oder lieber für die Frau mit dem Nachnamen einer Freundin? Oder doch lieber den ersten fünf die Stimmen geben?
Da wir bei uns in Hamburg-Nord keine Veranstaltungen gefunden haben, auf denen sich Jugendliche über die Ziele der Parteien informieren können, haben wir im Barmbek-Basch selbst eine organisiert. Unter dem Motto „Genug gelabert – wenn Politik auf Jugend trifft“ haben wir die Fraktionsvorsitzenden der fünf in der Bezirksversammlung vertretenen Parteien eingeladen. Alle sind gekommen. Leider kamen nur 20 Besucher, die Hälfte davon waren Erwachsene. „Typisch Jugendliche“, werden einige von Ihnen vielleicht sagen, „kein Interesse an Politik.“ Doch so einfach ist das nicht. Obwohl wir alle angeschrieben haben, hat keine einzige Zeitung – außer dem Barmbeker Wochenblatt – und kein Sender über die Veranstaltung berichtet. Es ist auch keiner der zahlreichen Lehrer mit seiner Klasse gekommen, die wir eingeladen haben. Kann es sein, dass es den meisten Erwachsenen in Wirklichkeit egal ist, ob wir uns für Politik interessieren?
Bei der Diskussion haben sich die Politiker wirklich Mühe gegeben, alles zu beantworten. Aber bei vielen Fragen, die uns wichtig waren, zum Beispiel in der Bildungspolitik, hörten wir: „Nicht zuständig“ oder „Kein Geld“. So wird einem die Wahl auch nicht richtig schmackhaft gemacht. Dabei finden wir es wichtig, über die Besetzung der Bezirksversammlung mitzubestimmen. Denn dort geht es um viele Themen, die Jugendliche betreffen. Beispielsweise wirken sich deren Beschlüsse auf den Bau von Sportplätzen, Fahrradwegen und Wohnungen oder die Abholzung von Bäumen aus.
Die Bezirksversammlungen beeinflussen durch ihre Stellungnahmen auch Entscheidungen, die woanders getroffen werden, zum Beispiel in der Bildungs- oder Flüchtlingspolitik. Wichtig ist eine Teilnahme an der Bezirkswahl auch, um den Einfluss rechter Parteien zu begrenzen. Auf unserer Website haben wir eine Umfrage zur Wahl gemacht, am häufigsten wurde die Aussage angeklickt: „Jugendliche sollten auch Bundestag und Europaparlament wählen dürfen.“ Darüber sind wir geteilter Meinung. Aber einig sind wir uns darin: Wer das Wahlrecht hat, sollte es wahrnehmen.
Hinrich Bonin (16), Bengt Braunschweig (15), Leopold Lingenberg (15), Simon Meyer (16) sind Teil der Jugendredaktion „Stadtteilwelt“ (www.stadtteilwelt.de) im Kulturpunkt Barmbek Basch, die regelmäßig für das Barmbeker Wochenblatt schreibt.
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