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Ein Plebiszit für den Regierungschef

ITALIEN Die linke Partito Democratico von Premier Matteo Renzi feiert einen triumphalen Erfolg

Spanier können es

■ Aufstieg: Podemos (zu Deutsch: „Wir können“) ist ein linkes Bündnis, das sich erst im Januar gegründet hat. Sein Ergebnis war die große Überraschung in Spanien. Podemos zieht mit fünf Abgeordneten in das Europaparlament ein. Die Vereinigte Linke konnte die Zahl ihrer Europamandate verdreifachen und schickt nun sechs Abgeordnete nach Brüssel beziehungsweise Straßburg. Die Konservative Volkspartei (PP) erzielte mit 23 Prozent (16 Mandate) das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Auch die Sozialdemokraten der PSOE stürzten regelrecht ab und verloren neun Mandate. Sie stellen im neuen Europaparlament nur noch 14 Abgeordnete.

AUS ROM MICHAEL BRAUN

„Historisch“ nannte noch am Wahlabend Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi das Ergebnis – und er griff dabei nicht zu hoch. Seine gemäßigt linke Partito Democratico (PD) trug mit 40,8 Prozent einen wahren Erdrutschsieg davon. Renzi gelang das Kunststück, als Regierungschef einen überzeugenden Vertrauensbeweis zu erhalten – in einem der Hauptkrisenstaaten Europas.

Hauptgegenspieler Beppe Grillo, Chef der Protestformation MoVimento5Stelle (M5S), erreichte dagegen nur 21,2 Prozent, während das Votum für Silvio Berlusconis Forza Italia (FI) mit 16,8 Prozent zum Debakel wurde. Weniger der Kampf zwischen den Parteien als der Dreikampf zwischen den Protagonisten Renzi, Grillo und Berlusconi hatte den Wahlkampf geprägt. Für Renzi war die Europawahl ein erster, womöglich entscheidender Test. Er hatte erst im Dezember 2013 die Führung der damals völlig demoralisierten und zerrissenen PD übernommen. Einer PD, die noch unter der Katastrophe bei den Parlamentswahlen vom Februar 2013 litt: Damals war ihr ein klarer Sieg verheißen worden; sie erreichte aber nur 25, die von ihr angeführte Linksallianz lediglich 30 Prozent.

Vor allem stand die PD unter dem Schock des Sensationserfolgs der 5-Sterne-Bewegung unter Grillo. Sie war bei den Wahlen 2013 aus dem Stand auf 25 Prozent der Stimmen gekommen. Sie hatte das Gros der Unzufriedenen in dem von der Eurokrise gebeutelten Land hinter sich versammelt mit dem griffigen Slogan gegen die alte politische Klasse „Alle ab nach Hause“.

Renzi seinerseits hatte sich daraufhin als einziges Gegengewicht zu Grillo inszeniert. So gewann der 39-jährige Florentiner erst die Urwahlen in seiner Partei, deren gesamte alte Führung er in die Wüste schickte. Anschließend stürzte er Ende Februar 2014 den Parteifreund Enrico Letta als Regierungschef.

Damit war von vornherein klar, dass die Europawahl vor allem zum Votum über die Regierung Renzi würde. Ganz auf diese Karte setzte Beppe Grillo. Er stellte seine Kampagne unter den Titel „Vinciamo noi!“ („Wir siegen!“). Vergemeinschaftung der Schulden in der Eurozone, Kündigung von Stabilitätspakt und Fiskalpakt, zur Not raus aus dem Euro: Dies war die Linie, mit der Grillo ganz auf die tiefe Unzufriedenheit, ja Depression großer Teile der Wählerschaft setzte. Nach einem Wahlsieg wollte er umgehend Staatspräsident Giorgio Napolitano aus dem Amt jagen und die Auflösung des Parlaments erzwingen, um nach der nationalen Regierung zu greifen.

Renzi seinerseits spielte die Karte des entschlossenen Neuerers, auch wenn er im Senat nur eine schwache Mehrheit hat und auf rechte Koalitionspartner angewiesen ist. Zuerst verteilte er ein Steuergeschenk an die unteren und mittleren Einkommensgruppen, die von Mai an 80 Euro monatlich mehr in der Lohntüte haben. Außerdem schob er eine Wahlrechtsreform sowie die Reform der politischen Institutionen an. Dennoch agierte er in schwierigem Umfeld: Korruptionsskandale, dazu eine weiter in Stagnation verharrende Wirtschaft standen gegen die Aufbruchstimmung. Umso sensationeller war das Ergebnis. Nie seit ihrer Gründung im Jahr 2007 hatte die PD mehr als 33 Prozent erreicht. Die Wahl wurde so zu einem wahren Plebiszit für Renzi.

Begraben sind auch die Hoffnungen Berlusconis. Er fuhr das schlechteste Resultat seit seinem Einstieg in die Politik 1994 ein. Auf der Rechten darf sich nur die Lega Nord freuen, die unter ihrem neuen Chef Matteo Salvini den Schulterschluss mit Marine Le Pen vollzog und den Ausstieg aus dem Euro zum Wahlziel Nummer eins machte: Sie gewann gut 6 Prozent.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Wahl insgesamt die Linke klar vorn sieht. Neben der PD schafft auch die „Liste Tsipras für ein anderes Europa“, ein Sammelbecken der radikalen Linken, mit 4 Prozent gerade den Einzug ins Parlament.

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