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Köpfe noch nicht barrierefrei

Behindertenparlament zeigt Senat die rote Karte. Und stellt neue Forderungen

Rot, gelb, grün sind die Stimmzettel, und der Smiley auf dem roten zieht die Mundwinkel tief nach unten. Die über 100 Abgeordneten des 14. Bremer Behindertenparlaments sollen die Reaktionen der Politik auf ihre Forderungen vom letzten Jahr bewerten. Dass die Höhe der Eingliederungshilfe nicht ohne Beteiligung von Behinderten bestimmt werden solle, verlangten sie damals. Dass das Geld nicht zu 90 Prozent in „Ausgliederungseinrichtungen“ fließen solle. Einen Kostenvergleich zwischen ambulanter und stationärer Betreuung. Und so weiter. Achtmal erbittet Kassandra Ruhm vom PräsidentInnensitz aus ein Votum, siebenmal gibt es „die große rote Karte“.

Der Senat bekommt davon nichts mit: Beim laut Behindertenverbänden für den Kontakt zur Politik „wichtigsten Termin des Jahres“ glänzt er durch Abwesenheit. Was die Behinderten nicht entmutigt, erneut Forderungen aufzustellen: ein Prä für ambulante Betreuung, Durchsetzung der Barrierefreiheit, Rücknahme der Hilfe-Kürzungen. Um nur einige zu nennen.

In vielen Fällen, macht Behindertenbeauftragter Hans Steinbrück deutlich, sind es vor allem organisatorische Defizite, die Fortschritte verhindern. So sei längst Konsens, dass ambulante Betreuung einer stationären vorzuziehen sei. Dennoch werden in Bremen immer neue Heime gebaut. Es fehle, klagt Steinbrück, eine Rahmenvereinbarung zwischen Sozialressort, Wohlfahrts- und Behindertenverbänden, um diesen Trend zu stoppen und den Wechsel zur ambulanten Betreuung einzuleiten. Ähnlich beim Thema Barrierefreiheit: In der Landesbauordnung ist sie, etwa für Erdgeschosswohnungen in Mehrparteienhäusern, längst vorgeschrieben. Eingehalten wird dies aber nicht – und auch nicht kontrolliert. Und an der funkelnagelneuen Ampelanlage an der Kreuzung Doventorsteinweg / Am Wall hat die Behörde Blinden-Summer schlicht und ergreifend vergessen. sim

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