DANIEL BAX ÜBER DIE DEUTSCHEN REAKTIONEN AUF DAS ATTENTAT IN ÄGYPTEN: Hilfloser Populismus
Nach Juden und westlichen Ausländern, die es in seinen Bekennerschreiben gerne als „Kreuzfahrer“ bezeichnet, hat al-Qaida jetzt die christlichen Gemeinden des Nahen Ostens verstärkt ins Visier genommen. Das erklärt, warum nach Synagogen, Hotels und Touristenzentren jetzt, im Irak und in Ägypten, kurz nacheinander zwei Kirchen zum Ziel von Bombenanschlägen wurden. In diesen Ländern wollen die Terroristen bürgerkriegsähnliche Zustände provozieren, um die Regierungen zu destabilisieren. Doch offenbar werden auch koptische Gemeinden hierzulande bedroht; diesbezügliche Warnungen sind deshalb sehr ernst zu nehmen.
Die politischen Reaktionen in Deutschland auf das Attentat von Alexandria schwanken bislang allerdings vor allem zwischen Hilflosigkeit und Populismus. Richtig ist, wenn nun angemahnt wird, dass die ägyptische Regierung mehr für den Schutz der christlichen Minderheit in ihrem Land tun muss. Besser wäre es, sie einmal mehr daran zu erinnern, die Menschenrechte aller ihrer Bürger zu beachten. Der ägyptische Polizeistaat mit seiner Willkür ist schließlich der Boden, auf dem die Gewalt gedeiht.
Die Forderung einiger CSU-Politiker, die Entwicklungshilfe künftig an die Frage zu knüpfen, wie religiöse Minderheiten behandelt werden, geht allerdings am Problem vorbei. Wie wenig der Westen tun kann, um die Lage von Christen andernorts zu verbessern, zeigt sich nicht zuletzt in Afghanistan oder im Irak, wo er sogar militärisch präsent war und ist.
Fragwürdig ist es auch, wenn Unionspolitiker nun fordern, muslimische Verbände in Deutschland sollten sich stärker von solchen Terroranschlägen distanzieren. Erstens haben sie das längst gemacht. Und zweitens wird der Einfluss, den sie auf das Wirken extremistischer Gruppen haben können, damit grandios überschätzt.
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