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Die Schöne Helene von St. Pauli

DESIGN VON NEBENAN (I) Ein kleiner Laden in Hamburg hinter der Großen Freiheit hat es mit einem Lampenschirm für Weingläser bis ins New Yorker Museum of Modern Art geschafft

„Wir stellen keine elitären Designerstücke her, sondern Dinge für jeden Geschmack“

ANKE RABBA, DESIGNERIN

VON ELENA OCHOA

Sie kommt in einer weißen Rolle. Mit einem Plopp öffnet sich die Dose und man findet: die Schöne Helene. So heißt ein Lampenschirm aus Transparentpapier, bedruckt mit weißen Schnüren oder Falten. Zusammengesteckt kann man sie auf Weingläser setzen. Mit einem Teelicht bestückt, gibt sie warmes Licht und erinnert an traditionelle Tischlampen. Die Idee hierfür hatten die Hamburger Designerinnen Katrin Kuchenbecker und Anke Rabba, wie sollte es auch anders sein, bei einem Gläschen Wein.

Kuchenbecker und Rabba gründeten ihr Unternehmen dekoop im Sommer 2003 auf St. Pauli, zwischen der Großen und der kleinen Freiheit. Es war Glück und Zufall, der sie als Geschäftspartner zusammenbrachte. „Wir suchten eigentlich nur ein gemeinsames Büro“, sagt Kuchenbecker. Sie ist studierte Architektin und Rabba Industrie-Designerin. In einer Filzfabrik gelangten ihnen ein paar Filzreste in die Hände. Hieraus fertigten sie Schlüsselbänder mit der Aufschrift: „Heimat“ an. „Wir legten sie in unser doch sehr kleines Schaufenster, und sie wurden tatsächlich gekauft“, erzählt Kuchenbecker weiter. Das Label dekoop war geboren.

Inzwischen enthält das Sortiment mehr als ein paar Schlüsselbänder oder Blumenuntersetzer aus Filz. Die Schöne Helene trug auch dazu bei, sich vom Image der „Filzliesen“ zu entfernen. Sie wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem Preis „DesignPlus 2007“. In vielen Museumsshops gibt es sie inzwischen zu kaufen. Größter Abnehmer ist das Museum of Modern Arts in New York. Helene soll dort zu den Bestsellern im Laden zählen.

„Wir wurden schon gefragt, ob wir nicht mehr als die drei jetzigen Aufdrucke machen würden“, erzählt Rabba. „Zum Beispiel mit Künstlern drauf oder in anderen Farben.“ Doch sie befürchten, das Produkt würde an Wertigkeit verlieren und sich daraus ein Gag-Geschenk entwickeln. „Noch ist es etwas Besonderes für jeden Geschmack“, so Rabba. Bei einer Kommerzialisierung könne die Besonderheit des Produkts verloren gehen. „Wir stellen keine elitären Designerstücke her“, erzählt sie weiter. Ihre Produkte hätten jedoch Charakter.

Dazu gehört auch die richtige Benennung der Produkte. „Alles braucht einen schönen Namen“, sagt Kuchenbecker. Die Schöne Helene kommt aus der griechischen Mythologie. Der Kerzenständer Holde Isolde erinnert an Wilhelm Busch. Man klebt ihn auf eine Untertasse, um damit wie Witwe Bolte durch die Dunkelheit zu wandern.

Trotz der Schlichtheit des Designs sollte man die Produktion nicht unterschätzen, erklärt Rabba. Bei der Schönen Helene sei mindestens ein halbes Jahr für die Entwicklung ins Land gegangen, bevor sie in Serie produziert werden konnte. Die Produktion erfolgt ausschließlich in Deutschland, teils in Zusammenarbeit mit den Elbe-Werkstätten. Die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen setzt viele der Produkte aus den Einzelteilen zusammen.

Für ihren eigenen Laden in der Paul-Roosen-Straße haben Kuchenbecker und Rabba kein Konzept. „Es gibt hier das Büro, es gibt den Raum, die Produkte und Kunden, die hier reinkommen“, so Rabba. Der Großteil der Einnahmen wird durch den Vertrieb mit anderen Läden oder Museumsshops erzielt, die ihre Produkte weiterverkaufen. Mittlerweile können sich die Designerinnen fast vollkommen auf ihren Betrieb konzentrieren.

„Es ist schön, sein eigener Chef zu sein“, erzählt Rabba. Es sei zwar anstrengend, aber man könne frei in seinem Design sein, so Kuchenbecker. Was denn ein gutes Design für sie sei, beantworten die beiden wie folgt: „Gutes Design verknüpft Poesie und Funktion, ist zeitlos und berücksichtigt ökonomische wie ökologische Aspekte gleichermaßen.“

Schöne Helene – 3 Schirme für 11,90 €, Paul-Roosen-Straße 28

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