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die taz vor 13 jahren darüber, dass der euro wohl lichtjahre entfernt ist

Wie beim Start eines Weltraumfluges klingt es, wenn die EU-Regierungen zum Jahresbeginn den „Eintritt in die zweite Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion“ nach dem Maastricht-Vertrag bejubeln. Doch die zweite Stufe ist so konstruiert, daß nichts zündet und auf das Publikum in den zwölf Ländern garantiert kein Funke überspringt. Die zweite Maastricht-Stufe ist nämlich die, in der die EU-Länder ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik so weit aneinander annähern sollen (Konvergenz), daß in der dritten Stufe das gemeinsame Euro-Geld an alle EU-Völker verteilt werden kann.

Dabei aber sind die wichtigsten Konvergenzkriterien (höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts als Staatsverschuldung, über einen längeren Zeitraum niedrige Inflationsraten) so eng definiert, daß das Euro-Geld heute Lichtjahre entfernt scheint, auch wenn es eigentlich spätestens 1999 eingeführt werden sollte. Schließlich hat das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts jenseits politischer Absichtserklärungen auch rechtlich festgeschrieben, daß solange, wie die Konvergenzkriterien nicht wortwörtlich erfüllt sind, kein Euro-Geld auf den Markt kommt. Und so muß der Termin immer weiter verschoben werden.

In der Umsetzung des Maastricht-Vertrages zeigt sich deutlich, daß es wenig Sinn macht, den Weg wirtschaftlich zu betonieren, wenn man sich letztlich über das Ziel eines vereinten Europas politisch gar nicht einig ist. Die engen Kriterien werden darum vor allem den grundsätzlichen Europagegnern bei ihrer Verhinderungsstrategie nützen. Selbst die Kernländer der EU – Frankreich, Deutschland, die Beneluxstaaten und Dänemark – dürften es, angesichts ihrer Haushaltsverschuldung in Zeiten der Rezession und wachsender Arbeitslosigkeit, kaum schaffen, die Konvergenzkriterien zu erfüllen und eine Wirtschafts- und Währungsunion vor der Jahrtausendwende zu bilden.

Donata Riedel, 3. 1. 94

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