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Olmert im Off

aus Jerusalem Susanne Knaul

Das Treffen zwischen Israels Premierminister Ehud Olmert und Ägyptens Präsident Husni Mubarak hat ein seltsam undiplomatisches Ende gefunden. Anders kann man es nicht sagen, wenn ein israelischer Staatsvertreter sein Statement auf der abschließenden Pressekonferenz mit Genesungswünschen für den seit genau einem Jahr im Koma liegenden Ariel Scharon, ehemals Premierminister, beginnt. Einen Mann, den ägyptische Zuhörer eher als gnadenlosen Feldherren auf dem Schlachtfeldern vor Kairo in Erinnerung haben dürften denn als Mitstreiter für den ägyptisch-israelischen Frieden.

Überhaupt war es ein Treffen mit eher bitteren Mienen: keine Rede von einer Lösung in der Affäre Gilad Schalit, dem seit sechs Monaten im Gaza-Streifen vermissten israelischen Soldaten. Keine Antwort auf den Appell des Ägypters an seinen Gast, die syrischen Friedenssignale aufzugreifen. Kein Bemühen, die Atmosphäre der Gespräche freundlicher zu gestalten. Im Gegenteil. Der Grund: Für beide Politiker stehen die Zeichen der Zeit so ungünstig, wie sie nur sein können.

Husni Mubarak blickt auf monatelange erfolglose Bemühungen zurück, zwischen den zerstrittenen palästinensischen Fraktionen Fatah und Hamas zu vermitteln. Sie retteten den Gaza-Streifen nicht vor dem Bürgerkrieg. In dieser Woche standen sich dort noch dazu erstmals nicht mehr länger nur bewaffnete Banden gegenüber, die ihren eigenen von der Führung nicht zu kontrollierenden Kleinkrieg miteinander führen. Am Donnerstag umstellten die offiziell von der Regierung kommandierten Truppen der Hamas das Haus eines Fatah-Sicherheitschefs und töteten mit automatischen Gewehren, mit Raketen und Granatenwerfern jeden, der sich darin aufhielt.

Ebenso erreichte die Hoffnung auf einen erneuten Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern am Tag des Staatsbesuches einen Tiefpunkt, nachdem ausgerechnet am Donnerstag bei einer israelischen Militäraktion in Ramallah vier Palästinenser getötet wurden. Mubarak ließ an seinem Unmut über den Zwischenfall, der sich trotz der gegenseitigen Waffenruhe ereignete, keinen Zweifel.

Ägypten betrachte solche Militäroffensiven als hinderlich für Fortschritte hin zu einem dauerhaften Frieden in Nahost, kritisierte er Olmert scharf. Der bedauerte es, „sollten Unschuldige Schaden genommen haben“, und betonte im gleichen Atemzug die Notwendigkeit der Maßnahmen zum „Schutz israelischer Bürger vor Terroristen“.

Olmert, darf man annehmen, hatte bei seinem Auftritt mehr die israelische Öffentlichkeit im Auge und mag sich deswegen auch zu ein paar Worten über Scharon entschieden haben – in der Hoffnung auf Applaus seiner letzten Anhänger. Hätte er stattdessen Teddy Kollek geehrt – der ehemalige Jerusalemer Bürgermeister wurde am Tag des Staatsbesuches zu Grabe getragen – hätte er die ägyptischen Gesichter sicher freundlicher stimmen können.

Aber nach genau einem Jahr im Amt könnte es dem israelischen Premier innenpolitisch kaum schlechter gehen. Seine Popularitätsrate beim Volk liegt derzeit bei knapp 25 Prozent, gemessen noch vor Bekanntwerden der jüngsten Korruptionsaffäre, die sich unmittelbar unter Olmerts Nase vollzog.

Auch im eigenen Kabinett brodelt es. Das Büro des Premierministers beeilte sich gestern (Freitag) früh, Fernsehberichte vom Vorabend zu dementieren, denen zufolge Olmert die Entlassung von Verteidigungsminister Amir Peretz plane, um an seiner Stelle Ex-Premierminister Ehud Barak (Arbeitspartei) einzusetzen. Bislang hatte sich Olmert trotz der öffentlichen Kritik vor allem während des Libanonkrieges stets hinter seinen Verteidigungsminister gestellt.

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