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Trauerspiel TiertransportKOMMENTAR VON MALTE KREUTZFELDT

Bei der neuen EU-Verordnung zu Tiertransporten hat sich keiner der Beteiligten mit Ruhm bekleckert. Für die Europäische Union ist das Regelwerk ein Armutszeugnis. Trotz klarer wissenschaftlicher Stellungnahmen und gegen Mehrheiten in Europas Parlament und in der Bevölkerung konnten sich die Mitgliedstaaten nicht auf strengere Vorgaben zu der Dauer und den Bedingungen von Tiertransporten einigen. Dass jetzt das Verbot von Fußtritten und Schlägen mit Eisenstangen als Erfolg herausgestellt werden muss, sagt eigentlich schon alles.

Eine Blamage ist die Verordnung für die EU-Kommission und die deutschen Bundesländer. Obwohl sie mehr als zwei Jahre Zeit hatten, haben sie es völlig versäumt, sich rechtzeitig auf verbindliche und einheitliche Vorgaben für die neue, satellitengestützte Kontrolle zu einigen. Dadurch existiert der wichtigste Fortschritt, den die EU-Verordnung hierzulande bringen könnte, bis auf weiteres nur auf dem Papier. Zudem sind neue Regeln immer nur so gut wie ihre Überwachung – und da geben die leeren Kassen der Kommunen, deren Veterinärämter für Kontrollen zuständig sind, wenig Hoffnung auf Verbesserungen.

Dabei ist die Situation völlig klar: Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, lebende Tiere zum Schlachten über hunderte oder gar tausende Kilometer zu transportieren, um Preisunterschiede auszunutzen und damit auf dem Rücken der Tiere die Profite zu steigern. Doch solange in der EU nicht plötzlich die Lobbyistenmacht durch mehr Demokratie ersetzt wird, solange die Behörden nicht schlagartig eine effiziente Überwachung installieren und solange die öffentlichen Haushalte nicht durch vernünftige Steuergesetze wieder Spielraum bekommen, müssen die Verbraucher also weiterhin selbst beweisen, wie wichtig ihnen der Tierschutz ist.

Doch auch die Konsumenten bekleckern sich nicht mit Ruhm: Obwohl sich in Umfragen breite Mehrheiten gegen quälerische Tiertransporte aussprechen, verweigert bisher nur eine kleine Minderheit an der Ladentheke die Unterstützung für diese Praktiken – indem sie zu Fleisch aus artgerechter Tierhaltung greift. Das Trauerspiel Tiertransport geht also weiter.

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