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Verfassungsschutz-UmzugUnd ab dafür

Ach, was waren das noch für Zeiten, als das Bundesamt für Verfassungsschutz mit der gebotenen Geheimniskrämerei seinem schmutzigen Geschäft nachging. An die Öffentlichkeit drangen die Aktivitäten der Mitarbeiter jener im Kölner Stadtteil Chorweiler ansässigen Behörde seinerzeit nur unabsichtlich – wenn überhaupt. Beispielsweise als vor fast genau 30 Jahren die „Operation Müll“ aufflog: Unter Bruch der Verfassung, jedoch mit Wissen des damaligen Bundesinnenministers, waren die „Verfassungsschützer“ in die Wohnung des Atomwissenschaftlers Klaus Traube eingedrungen und hatten dort eine elektronische „Wanze“ angebracht. Die vom Spiegel aufgedeckte Abhöraffäre bescherte der Bundesrepublik immerhin eine formidable Regierungskrise und kostete letztendlich dem freidemokratischen Innenminister Werner Maihofer seinen Job.

KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER

Es war nicht der einzige Skandal der Einrichtung und bei nicht wenigen Bürgern wuchs zu jener Zeit die Einsicht, für eine Demokratie könnte es möglicherweise förderlicher sein, ohne einen behördlichen Verfassungsschutz zu leben.

Solche Auffassungen sind heutzutage allerdings nicht mehr en vogue. Leider. Allerdings ist das nicht das einzige, was sich geändert hat. Inzwischen pflegen die Mitarbeiter des Verfassungsschutzamtes auch eine bemerkenswerte Transparenz: So veranstalten die einst so klandestinen Geheimdienstler sogar öffentliche Demonstrationen und setzen peinliche Musikvideos ins Internet: „Choooorweiler, wir bleiben dir treu, für alle Zeiiiiten“. Bei ihrem Widerstand gegen die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble geplante Verlegung einer Abteilung des Amtes nach Berlin haben sie nun erneut Unterstützung von Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma und den Landräten der umliegenden Kreise erhalten. Aber wäre es denn nicht besser, alle BfV-Beschäftigen von Köln nach Berlin zu verlegen? Wenn sie sich schon keine anständige Arbeit suchen wollen.

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