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Israel dementiert Gespräche mit Syrien

Nach einem Bericht der Zeitung „Ha’aretz“ soll es zwischen 2004 und 2006 indirekte Kontakte zwischen beiden Regierungen gegeben haben. Thema war die Rückgabe der annektierten syrischen Golan-Höhen. Damaskus zeigte sich demnach kooperativ

AUS JERUSALEMSUSANNE KNAUL

Israel und Syrien haben sich in geheimen Verhandlungen über einen Weg zum Frieden verständigt. Das berichtete die liberale israelische Tageszeitung Ha’aretz in ihrer gestrigen Ausgabe. Der Entwurf zu einem Sechs-Punkte-Abkommen sieht demnach den schrittweisen Rückzug Israels von den Golan-Höhen und die Entmilitarisierung der Zone vor sowie volle diplomatische Beziehungen. „Alles Unsinn“, verlautete aus dem Büro von Regierungschef Ehud Olmert. Auch Ariel Scharon, der zum Zeitpunkt der Verhandlungen Premierminister war, habe „von nichts gewusst“, so Dow Weißglas, Scharons engster Berater. Die israelische Regierung hält sich offiziell an die Vorgaben des Weißen Hauses, wo Syrien als Teil der „Achse des Bösen“ gilt und entsprechend boykottiert werden muss.

Dem Bericht von Ha’aretz zufolge begannen die geheimen Kontakte zwischen Alon Liel, ehemals Generaldirektor des israelischen Außenministeriums und Botschafter in der Türkei, mit einem europäischen Diplomaten und einem aus Syrien stammenden amerikanischen Geschäftsmann im September 2004. Die beiden Vermittler seien in Damaskus mit Vizepremierminister Farouk al-Schara und Außenminister Walid Muallem zusammengetroffen. Liel, so schreibt Akiva Eldar von Ha’aretz, habe nach jedem Treffen sowohl dem Außenministerium als auch „Scharons Büro einen vollständigen Bericht geliefert“. Die Kontakte endeten im August des letzten Jahres mit dem Versuch, die USA in die Verhandlungen einzubeziehen.

Ein Friedensabkommen zwischen Syrien und Israel ohne US-amerikanische Unterstützung ist ausgeschlossen. Israel würde nicht gegen den Willen des starken Verbündeten agieren. Olmerts innenpolitische Lage ist nach dem Desaster des Libanonkrieges und der jüngsten Korruptionsaffäre schwer angeschlagen. Auch im Kabinett kriselt es. Dem Premierminister fehlt die heimische Rückendeckung für einen Alleingang.

Ehud Barak, der vor sieben Jahren unter Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton Verhandlungen mit Syrien führte, hatte die Zusage der USA für eine weitgehende Modernisierung der israelischen Armee und eine intensivierte Zusammenarbeit der Nachrichtendienste im Gegenzug für territoriale Kompromisse. Damit hätte er, wäre es damals zu einer Einigung gekommen, zu Hause das Argument entkräften können, dass Israel ohne die Golan-Höhen gefährdeter sei.

Dem in Ha’aretz veröffentlichten Entwurf für eine Friedenseinigung zufolge zeigt sich Syrien heute deutlich entgegenkommender als im Januar 2000, als die von Israel geforderten vollen diplomatischen Beziehungen bis zum Schluss Streitpunkt blieben. Der letzte Punkt des Entwurfs sieht die Errichtung eines Parks vor, der unter syrischer Kontrolle stehen soll bei gleichzeitig freiem Zugang für israelische Touristen. Um Zwischenfälle in der Grenzregion zu verhindern, sollen „direkte Kommunikationskapazitäten“ eingerichtet werden. Zudem wollen die „Parteien im Kampf gegen lokalen und internationalen Terrorismus aller Art“ kooperieren.

Für Israel steht vor allem der Fall des Hamas-Chefs Khaled Maschaal auf der Agenda, dem Syrien seit zehn Jahren Asyl gewährt. Eine Normalisierung der Beziehungen mit Syrien ist außerdem Voraussetzung für dauerhafte Ruhe an der israelisch-libanesischen Grenze. Syrien unterstützt die schiitische Hisbollah. Schon wenige Tage nach dem Libanonkrieg signalisierte Verteidigungsminister Amir Peretz Bereitschaft zu neuen Verhandlungen: „Jeder Krieg schafft Möglichkeiten für einen neuen politischen Prozess.“

Der Exchef der militärischen Abwehr, Uri Sagi, Delegationsleiter bei den Friedensverhandlungen vor sieben Jahren, glaubt, dass ein Abkommen auch mit Blick auf die iranische Bedrohung sinnvoll für Israel ist. „Als (Hafiz) Assad Senior zu den Friedensverhandlungen fuhr, holte er sich vorher die Zustimmung aus Teheran für einen Frieden mit Israel.“ Zwar sei fraglich, ob Iran heute ähnlich reagieren würde, doch „möglicherweise ist Syrien autonom genug, um auch ohne iranische Zustimmung über den Frieden zu entscheiden“.

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