BERNHARD HÜBNER ÜBER DEN LANDESBANK-SKANDAL IN BAYERN: Schwarze Selbstaufklärung
Wer wissen will, was für ein epochales Ereignis der CSU-Schlussbericht zum Münchner BayernLB-Untersuchungsausschuss ist, dem sei der Blick zurück empfohlen in eine Zeit, als Bayern noch tiefschwarz war, Landespolitiker Gesichter trugen, die aussahen wie ein aufgedunsener Leberkäs, und F. J. Strauß unangreifbarer Chef der unangreifbaren CSU war. Von damals wird dem seligen FJS eine recht bezeichnende Weisheit zugeschrieben: Ein Skandal ist vorbei, sobald ein Untersuchungsausschuss eingesetzt ist.
Nach dieser Regel funktionierte die bayerische Politik auf Jahrzehnte. An Untersuchungsausschüssen gegen CSU-Minister mangelte es nie. Doch am Ende stand praktisch immer dasselbe Ergebnis: Den Beschuldigten sei keine Verfehlung nachzuweisen.
Nun hat die CSU ihren Entwurf für einen Abschlussbericht zum Hypo-Alpe-Adria-Desaster der Bayerischen Landesbank vorgelegt und wirft namhaften Parteifreunden Fahrlässigkeit vor. Einer berühmten CSU-Figur, dem langjährigen Finanzminister Kurt Faltlhauser, könnte durch das Ergebnis des Berichts gar eine Schadenersatzklage in Millionenhöhe drohen. Faltlhauser war Edmund Stoibers Finanzminister, der Architekt der angeblich so vorbildlichen Haushaltspolitik, mit der Stoiber 2002 fast das Bundeskanzleramt erobert hätte.
Der Ausschussbericht ist ein Bruch mit dem in der Partei gepflegten Mythos von den vorbildlichen, makellosen Stoiber-Jahren. Schuld an diesem plötzlichen Sinneswandel ist der Koalitionspartner FDP. Der verhandelte wochenlang mit der CSU über möglichst kritische Formulierungen im Abschlussbericht. Und sorgte bei der bayerischen Union für einen seltenen Moment der Erkenntnis: Das halbe Jahrhundert der Alleinherrschaft in Bayern ist für die CSU endgültig vorbei.
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