Regieren mit Muße

Mit Personalabbau, Bildungspolitik und Musikinstrumenten für den Ruhrpott will die schwarz-gelbe Koalition 2007 punkten. Privatisierung von LEG-Wohnungen und WestLB-Anteilen dauert länger

AUS DÜSSELDORFMARTIN TEIGELER

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat ein neues Motto. „Qualität und Innovation“ sollen 2007 im Mittelpunkt der Arbeit seiner schwarz-gelben Koalition stehen. „Wir arbeiten daran, dass NRW wiederkommt – und die Menschen akzeptieren das“, sagte Rüttgers gestern in Düsseldorf zu den Ergebnissen einer Kabinettsklausur. Die CDU/FDP-Ministerriege hatte am Dienstag in Duisburg bis in die Abendstunden über die Ziele für das Kalenderjahr beraten.

Rüttgers verteidigte die Planungen der Koalition, bis zum Ende der Legislaturperiode 2010 rund 12.000 Stellen in der Landesverwaltung zu streichen. „Angesichts von Personalkosten in Höhe von 22 Milliarden Euro muss der öffentliche Dienst des Landes verschlankt werden“, sagte der Regierungschef. Deshalb werde man Versetzungen von Beamten per „Personaleinsatzmanagement“ erleichtern und ein neues Personalvertretungsgesetz beschließen: „NRW wird aber nicht zur mitbestimmungsfreien Zone“. Das Land passe das NRW-Gesetz lediglich an die Bestimmungen des Bundes für Personalräte in Behörden an.

Bei den großen Privatisierungsvorhaben will sich die Regierung Zeit lassen. Beim Verkauf der NRW-Wohnungsgesesellschaft LEG nähmen die europaweite Ausschreibung und die Vorarbeit für ein transparentes Verfahren noch „den Großteil dieses Jahres“ in Anspruch, sagte Rüttgers. Für einen möglichen Verkauf der Landesanteile an der WestLB-Großbank gebe es derzeit weder einen Zeitplan noch eine konkrete Beschlusslage. Der Verkauf hänge zudem von der weiteren Geschäftsentwicklung der Bank ab. „Die Braut muss schön gemacht werden“, sagte Rüttgers.

Ein weiterer Schwerpunkt von Schwarz-Gelb soll die Bildungspolitik werden. Die Förderung von Familienzentren und Ganztagsschulen würde ausgebaut. Zudem soll Englisch als Fachsprache in den Schulunterricht eingeführt werden. Weil Essen 2010 Kulturhauptstadt Europas ist, soll auch in der Kulturpolitik was geschehen. „Wir wollen allen 212.000 Grundschulkindern im Ruhrgebiet die Möglichkeit geben, ein Musikinstrument zu lernen“, so Rüttgers. Dafür stünden 50 Millionen Euro zur Verfügung.

Bundespolitisch will Rüttgers seinen Vorschlag für eine längere Zahlung des Arbeitslosengelds I durchsetzen. „Auch bei SPD-Politikern wächst die Zustimmung für unsere Pläne“, sagte er. Sinkende Umfragewerte für die NRW-CDU wollte Rüttgers nicht kommentieren: „Wir machen nicht Politik nach Umfragen.“

Die SPD-Opposition bezeichnete Rüttgers‘ Arbeitsprogramm als „alten Wein in alten Schläuchen“. Die Regierung tue nichts, um den „bundesweiten wirtschaftlichen Aufschwung zu unterstützen“. Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann sagte: „Mehr als unkonkrete Bausteine und Zahlensalat hat der Ministerpräsident nicht zu bieten. Wohin die Landesregierung in diesem Jahr will, bleibt im Dunkeln.“