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Proteste zur Amtseinführung

Denkmalsturz und Lärmkonzert beim offiziellen Antritt der neuen Uni-Präsidentin. Bereits zuvor reißen Vermummte die Büste eines Nazi-nahen Rektors nieder, die unkommentiert im Foyer stand

von GERNOT KNÖDLER

Die Amtseinführung der Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz wurde von Protesten begleitet: Kritische Studierende nutzten die Feier als Anlass, um auf die Nazi-Vergangenheit der Universität Hamburg hinzuweisen. Sie rissen die Büste des ehemaligen Rektors Albert Wigand nieder. Während der Feier störte eine Gruppe lautstark die Reden, um ihren Unmut über die Reform der Universität zu äußern.

Die Präsidentin amtiert bereits seit November. Wer nun an der offiziellen Amtseinführung am Donnerstagnachmittag mit Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU) teilnehmen wollte, musste sich anmelden. Zwei nicht angemeldete Studenten zwang die Polizei, den Saal zu verlassen. Einer von ihnen, Björn Bendig, beklagte sich gegenüber der taz über die rüde Behandlung: Ein Polizist habe ihn mit den Worten „welchen Teil von ‚Heb’ Dein’ Arsch’ verstehst Du nicht“ bepöbelt. Auch die Polizei räumt ein, ein Beamter sei „sehr bestimmt“ aufgetreten. Von einer Beleidigung wisse sie nichts, sagte Sprecherin Christiane Leven der taz.

Bendig sei mehrfach dargelegt worden, dass er unangemeldet nicht teilnehmen könne, sagt Uni-Sprecherin Viola Griehl. Anmeldungen zu verlangen, sei wegen der begrenzten Kapazität nötig gewesen. Die Präsidentin habe sich ausdrücklich eine öffentliche Feier gewünscht. „Wir sind eine offene Universität“, sagte Griehl. Daher seien die lärmenden, aber angemeldeten Studenten auch nicht des Saales verwiesen worden.

Die Büste des ehemaligen Rektors Wigand hatten Vermummte bereits am Dienstag niedergerissen. Sie war vom Nazi-AStA 1933 mit einem Festakt„ihrem Führer und Rektor“ gewidmet worden. Die entsprechende Plakette wurde später entfernt.

Der 1932 verstorbene Wigand hatte einen Lehrstuhl für Wehrwissenschaft gefordert – laut Pressemitteilung der Bilderstürmer „zur „Weckung und Förderung der kriegerischen Instinkte, die in jedem jungen Menschen angelegt sind, sofern er nicht von der Zivilisation in seinen natürlichen Anlagen verdorben worden ist“. Auch das Magazin der Universität, Yousee, spricht von einer Parteinahme Wigands für den NS-Studentenbund.

„Der Sturz des Nazi-Denkmals wäre die vornehmste Verpflichtung demokratischer Universitätspräsidenten gewesen“, sagt Bela Rogalla, der die genannte Pressemitteilung verbreitete. Es sei ein Skandal, dass die Büste bis 2007 unkommentiert stehen blieb.

Das fand auch die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Luisa Fiedler und startete eine Kleine Anfrage an den Senat. Darin zeigt sich Fiedler verwundert über Auweter-Kurtz’ Vorstellungen einer „Kommentierung“: Die Hochschulpräsidentin hatte darauf hingewiesen, dass Wigands Büste ja die Büste des unbelasteten ersten Nachkriegsrektors Emil Wolff gegenüberstand.

Es spreche nichts gegen eine Kommentierung etwa mit einer Plakette, sagt Uni-Sprecherin Griehl. Schließlich habe die Uni viele ihrer Hörsäle nach von den Nazis verfolgten Universitätsangehörigen benannt.

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