: Noch ein Schlößchen
■ Der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten fehlt Personal für Bauten
Manchmal erinnert Hans-Joachim Giersberg an einen Zauberer, der statt Kaninchen Schlösser aus dem Hut zieht. Zum Jahrespressegespräch lud der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg nach Schloß Lindstedt. Diese nordwestlich vom Park Sanssouci in einem Wald versteckte Villa, die 1995 von der Stiftung übernommen wurde, wird für Veranstaltungen vermietet.
Ansonsten aber hält die Stiftung Abstand von kommerzieller Nutzung. Seitdem selbst das Schloßcafé im Neuen Palais geschlossen wurde, sieht es mau aus mit der Gastronomie in Schlössern und Gärten. Potentielle Pächter müßten nämlich ein paar Millionen in die Instandsetzung der angebotenen Häuser investieren. Also heißt es weiter: Butterbrote und Thermoskannen eingepackt.
Nicht mehr genügend Personal für großzügigere Öffnungszeiten bezahlen zu können, rückte Giersberg als wachsendes Problem in den Mittelpunkt. Seit 1993 sind die Besucherzahlen gesunken, von 2,4 auf 2 Millionen: Das liegt an der Einschränkung individueller Besuchsmöglichkeiten. Wie aber bei einem Stellenabbau von 1,5 Prozent auch noch die demnächst wiederzueröffnenden Schlösser (Marmorpalast 1997, Schloß Caputh 1998, Königs Wusterhausen 1999) betreut werden sollen, ist noch nicht gelöst.
Von den über 100 Baustellen der Stiftung hob Giersberg die Eichengalerie im Schloß Charlottenburg hervor, der 45 Jahre Nutzung als Parkett der Berliner Prominenz und Politik zugesetzt hatten. Sie wird im Mai 1997 wiedereröffnet. Mit einer Ausstellung, die an Friedrich Wilhelm II. als Förderer des Klassizismus erinnert, wird dann im Juli das restaurierte Marmorpalais im Neuen Garten wieder zugänglich.
Ein Trauma sitze ihm im Nacken, bekannte Giersberg: der Diebstahl des Gemäldes von Caspar David Friedrich, zu dem noch keine Hinweise eingegangen sind. Eine zweite Schadensmeldung bezog sich auf das Adjudantenhaus in Sacrow, das im September, kurz nach der Instandsetzung, abgebrannt war: 800.000 Mark Verlust.
Politische Skandale für die eigenen Interessen auszuschlachten, liegt dem Stiftungsdirektor nicht. So ging Giersberg zwar auf die Diskussion um den Status der Potsdamer Schlösserlandschaft als Weltkulturerbe ein, der von dem geplanten Potsdamer Center, dem Ausbau der Wasserstraßen und anderen Projekten bedroht wird. Er setzt auf den Beschluß der Unesco, der eine Überarbeitung der Pläne bis April 1997 fordert, und hofft auf die Vernunft von Stadt und Bauherrn. Giersberg, der sich nicht in die Rolle als Buhmann der Potsdamer Stadtplanung drängen lassen will, merkte am Rande an, daß die Beeinträchtigung auch das Land Berlin beträfe, denn schließlich reicht das Stiftungsgebiet bis zur Pfaueninsel. Doch von dort scheint man den Kampf um das Weltkulturerbe bisher als Potsdamer Problem zu betrachten. Katrin Bettina Müller
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