: Das Geld versickerte beim 1. FC und in Firmen
■ Interview mit dem bündnisgrünen Abgeordneten Dietmar Volk über den Grundstücksdeal des 1.FC Union und seiner Funktionäre. Statt den geplanten Sportpark zu bauen und den FC Union zu entschulden
Seit Oktober 1996 versuchen Dietmar Volk und seine KollegInnen Abgeordneten in einem Untersuchungsausschuß zu ergründen, welche Versäumnisse der Senat bei den Millionenverlusten beim Projekt Wuhlesportpark in Köpenick zu verantworten hat. Der Senat versuchte, den hochverschuldeten Regionalligaverein 1. FC Union über den Bau des Wuhlesportparks zu sanieren. Für das Vorhaben belieh der Investor, der Dortmunder Bauunternehmer Manfred Albrecht, das landeseigene Grundstück – offiziell für den Bau des Wuhleparks. Die Gelder verschwanden, der Wuhlesportpark blieb Brache. Heute tagt der Untersuchungsausschuß erneut.
taz: Welche Rolle spielte der Senat bei dem Wuhleparkdeal?
Dietmar Volk: Es handelt sich um eine unsägliche Verknüpfung von Politik, Wirtschaft und Sport. Es zeichnet sich ab, daß Bezirk und Senat mit großer Naivität an die Planung des Wuhlesportparks herangegegangen sind. Die Senatsverwaltung für Finanzen, die der Beleihung des Erbpachtvertrags zustimmte, hat sich vom Investor Albrecht weder ein schlüssiges Finanzierungskonzept vorlegen lassen, noch hat sie die Umsetzung des Vertrags im Auge behalten. Zumindest dem Bezirk Köpenick hätte auffallen müssen, daß der Bau nie begonnen wurde. Und die Finanzverwaltung hätte merken müssen, daß sämtliche Gelder beim FC Union und in diversen Firmen versickerten, deren Inhaber aus der Führungsspitze des Vereins kamen.
Obwohl der für 1995 vorgesehenene Bau nie begann, stimmte Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD) im Februar 1996 einer zweiten Beleihung des Erbpachtvertrags in Höhe von sieben Millionen Mark zu. Wie konnte das passieren?
Hätten Bezirk und Senat Hand in Hand gearbeitet, hätte der zweiten Tranche des Kredits nicht zugestimmt werden dürfen – solange nicht mit dem Bau begonnen wurde. Der Erbpachtvertrag war an die Bedingung geknüpft, daß das Projekt bis zum 31. Dezember 1997 fertiggestellt ist. Jetzt ist das Geld weg, und im Wuhlepark ist wie eh und je eine Wildnis. Nach Aussage eines Vertreters der Finanzverwaltung im Untersuchungsausschuß ist für das Land Berlin ein Schaden von etwa 20 Millionen Mark entstanden. Den kompletten Schaden kann man aber noch gar nicht abschätzen.
Wo ist das Geld geblieben?
Das ist ein heikler Punkt. Das Geld hat die Albrecht GmbH bekommen. Albrecht sagt, er hat das Geld sofort, wie es eine interne Vereinbarung zwischen ihm und FC Union vorsah, an den Verein weitergegeben. Der Verein bestreitet das und behauptet, nur fünf Millionen bekommen zu haben.
Diese Vereinbarung vom 1. März 1995 ist ein Skandal sondergleichen. Daraus geht klar hervor, daß die Firma Albrecht 15 Millionen Mark an FC Union für das Anrecht auf ein Grundstück zahlte, über das der FC Union gar nicht verfügte. Davon waren 12 Millionen sofort fällig. Die restlichen drei Millionen würden gezahlt, wenn der Sportpark fertig ist. Von der Vereinbarung wußte der Bezirk Köpenick lange nichts, die Frage ist, wie lange. Finanzstaatssekretär Peter Kurth erklärte im Untersuchungsausschuß, auch der damalige Finanzsenator Pieroth (CDU) habe von der Vereinbarung nichts gewußt, bis ihn der Bezirk informierte.
Aber die Beleihung des Erbpachtvertrags war doch mit der Finanzverwaltung abgesprochen, um damit den FC Union zu entschulden?
Die Senatsfinanzverwaltung wußte angeblich immer nur von der Beleihung. Sie wußte bis zum letzten Geldfluß von sieben Millionen im letzten Jahr nicht, daß es die oben erwähnte Vereinbarung zwischen Albrecht und FC Union gab. Die Finanzverwaltung wußte auch nicht, daß der Erbbaupachtvertrag mit Gewinn für den FC Union weitergegeben wurde.
Welche Rolle haben die zahlreichen mit dem FC Union verflochtenen Firmen gespielt, die mit dem Wuhlesportpark in Verbindung stehen?
Das wird der Untersuchungsausschuß klären müssen. Wenn der Präsident des Vereins, Horst Kahstein, gleichzeitig einen Beratervertrag mit dem Investor Albrecht hat und für den als Pressesprecher auftritt, dann ist da irgendwas schräg. Kahstein war von November 1994 bis Juni 1996 Generalbevollmächtigter der Albrecht GmbH. Das hätte die Finanzverwaltung beanstanden müssen. Es gibt noch eine zweite Kahstein-Firma, die Immobilienfirma Euro Bär GmbH. Es gibt außerdem noch die MBH Bauunternehmen, die Rückerstattung von einer halben Million fordert. Der Inhaber ist ein ehemaliger Schatzmeister von FC Union, Horst Wille. Involviert war auch die Unternehmensgruppe Rene Büttner, ebenfalls ein Schatzmeister. Die Rolle dieser Firmen ist noch unklar.
Hätte man nicht 1995, als der FC Union beim DFB eine gefälschte Bankbürgschaft einreichte, dem Verein die Unterstützung entziehen müssen?
Bei der gefälschten Bankbürgschaft hätte man zumindest sagen müssen, eine vertrauensvolle, geschäftliche Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn das restlos aufgeklärt ist. Das ist schließlich kein Pappenstiel. Es hat scheinbar allen genügt, daß von Seiten des FC Union alle beteuerten, damit nichts zu tun haben. Wer die Bürgschaft gefälscht hat, ist nie herausgekommen. Nur der DFB-Lizenzausschuß hat Konsequenzen gezogen und die Lizenz verweigert. Interview: Dorothee Winden
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