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Informationsquelle für Flüchtlinge versiegt

■ „Danas i sutra“, eine Zeitung für in Deutschland lebende Bosnienflüchtlinge, gibt Informationen für Rückkehrer. Wegen Geldmangels muß sie im Mai eingestellt werden

Die Fragen, die einer stellt, der mehr oder weniger freiwillig in die Heimat zurückkehrt, sind immer dieselben: Wo werde ich arbeiten, wo das Geld für Lebensmittel herbekommen? Werden die deutschen Schulzeugnisse meiner Kinder anerkannt, werde ich der einzige Muslim weit und breit sein, wie weit ist das nächste Krankenhaus? Seit die Rückkehr der Bürgerkriegsflüchtlinge nach Bosnien-Herzegowina begonnen hat, stellen Tausende in Deutschland diese Fragen – und bekommen selten eine qualifizierte Antwort, weil aktuelle Informationen aus einem Land im Wiederaufbau nun einmal schwer zu bekommen sind.

Für ein gutes Jahr gab es zumindest eine Zeitung, die in 20.000facher Auflage diese Fragen beantwortet hat: Danas i sutra, auf deutsch „Heute und morgen“. Auf acht Seiten liefert sie alle drei Monate Hintergründe aus Bosnien, Interviews zur Situation der Flüchtlinge, Tips zu Arbeitsvermittlung und Existenzgründungen. Doch kaum wurde mit der Arbeit so richtig begonnen, wird in den Räumen der „Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte gGmbH“ (Agef) in Karlshorst auch schon wieder die letzte Ausgabe geplant: Nach der Ausgabe von Anfang Mai, die unter anderem ein Interview mit Hans Koschnick beinhaltet, läuft die Finanzierung durch die Caritas Essen, die wiederum auf EU-Gelder zurückgreift, schon wieder aus.

„Uns sind die Hände gebunden“, sagt Joachim Pohl von Danas i sutra, „wir sehen keine Chance, weiterzumachen.“ „Die Leute haben sich wirklich Mühe gegeben, friedensstiftend tätig zu werden und statt nationalistischer Propaganda sinnvolle Informationen zu liefern“, bedauert Bosijlka Schedlich vom Südost-Europa-Zentrum das Ende der Zeitung.

Dabei war das oft gar nicht so leicht, wie Pohl eingesteht. „Wir wollten den Leuten weder sagen, daß sie zurückgehen, noch daß sie hierbleiben sollen“, so Pohl. Andererseits sei es bei einem so sensiblen Thema kaum möglich, vorurteilsfreie Informationen zu bekommen. „Es wird ein ungeheurer Druck auf die Flüchtlinge ausgeübt“, sagt Pohl, „auf der einen Seite stehen die Innenpolitiker, die sie zu einem bestimmten Termin loswerden wollen, auf der anderen Seite Wohlfahrtsorganisationen, die sich wie Schutzschilder vor sie stellen und sagen: Sie dürfen nicht zurück!“

Auch letzteres hält Pohl, der für die Agef schon 1996 eine Studie über das Fachkräftepotential unter bosnischen Flüchtlingen erstellt hat, um mögliche Berufschancen bei einer Rückkehr auszuloten, für falsch: „Man muß den Leuten sagen, daß sie irgendwann – ich sage nicht wann – zurückmüssen. Darauf muß man sie vorbereiten.“

Schon vor der Gründung der Zeitung war die Agef mit der Vermittlung bosnischer Fachkräfte in der Heimat beschäftigt: Vor Ort wurde der Bedarf ermittelt, um in Deutschland lebende Flüchtlinge gezielt auf freie Stellen zu vermitteln. Die Bilanz ist allerdings wegen der unausgereiften Strukturen vor Ort, aber auch, weil die meisten nicht zurückwollen, dürftig. Von 350.000 Bosniern in Deutschland meldeten sich nur 5.000. Vermittelt wurden bisher 1.100.

„Das sind ganz persönliche Entscheidungen, die da getroffen werden“, sagt Pohl, „ein Arzt will zum Beispiel nach Sarajevo und nicht in ein Dorfkrankenhaus, damit seine Kinder studieren können. Muslime können kaum in die Republika Srpska zurück und so weiter. Es ist sehr schwer, da kompatible Angebote zu finden.“

Um den Flüchtlingen, die Danas i sutra vor allem über Beratungsstellen und Heime erhielten, ein halbwegs objektives Bild dessen, was sie erwartet, zu ermöglichen, wurden immer wieder Berichte von Rückkehrern abgedruckt, die deutlich machen, mit welchen praktischen Problemen man nach Jahren in der Fremde zu kämpfen hat. „Es ist wahr, daß man hier viel mehr als in Deutschland lernen muß“, schreibt eine Gymnasiastin, „aber es ist auch leichter, gute Noten zu bekommen.“ Und: „Sie nennen mich nicht mehr die Deutsche wie am Anfang.“

Für jede Ausgabe reisten Autoren nach Bosnien-Herzegowina und lieferten Porträts von einzelnen Städten, beschrieben die Musikszene in Sarajevo, aber auch die Arbeitslosigkeit; das kulturelle Leben in Zenice, aber auch die Arbeit des dortigen Frauennotrufs. Und immer wieder: Interviews mit Bürgermeistern, Flüchtlingshelfern sowie die unvermeidlichen Facts and Figures: Altersstruktur der Bevölkerung, das Verhältnis von Serben, Kroaten und Muslimen, die Zahl der Rückkehrer. „Für jemanden, der Jahre weg war und zurückmuß“, sagt Pohl, haben gerade diese Zahlen eine ungeheure Aussagekraft.“

Wenn die letzte Ausgabe von Danas i sutra erschienen ist, werden die bosnischen und deutschen Mitarbeiter wieder ihren übrigen Aufgaben bei Agef nachgehen. An ein mögliches anderes Szenario in Form einer Zeitung für Kosovo-Albaner mag man hier noch nicht denken. „Sie werden auch in Deutschland zur Zeit keinen Verantwortlichen finden, der mit ihnen darüber verhandelt, was man mit den Kosovo-Flüchtlingen macht. Noch glaubt man doch, sie würden bald wieder gehen oder in den Nachbarländern bleiben.“ Jeannette Goddar

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