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Grüne knapp am Kampf vorbei

Die Fristen für den Atomausstieg entzweien die Bundestagsfraktion. Als dem Vorschlag der grünen Minister die Abstimmung drohte, vertagte man sich  ■   Von Nicole Maschler

Berlin (taz) – Nur knapp ist die grüne Bundestagsfraktion gestern an einer Kampfabstimmung über den Atomausstieg vorbeigeschrammt. In einem Antrag hatten rund 20 Vertreter des linken Flügels um Fraktionschefin Kerstin Müller gefordert, die Restlaufzeiten für Atommeiler auf „deutlich unter 30 Kalenderjahre“ zu senken. Die Abgeordneten vertagten ihren Beschluss jedoch auf die kommende Woche. Bedingung: Der parteiinterne Koalitionsausschuss, der gestern ebenfalls tagte, fällt vorerst keine Entscheidung über die Parteilinie. Zunächst soll das Umweltministerium den Antrag prüfen.

Ein Beschluss hätte einen Affront gegen Umweltminister Jürgen Trittin und Außenminister Joschka Fischer bedeutet. Beide fordern aus verfassungsrechtlichen Gründen Restlaufzeiten von 30 Jahren und eine dreijährige Übergangsfrist, falls die Koalition den Atomausstieg per Gesetz durchsetzen muss. Andernfalls befürchten sie Entschädigungsklagen der Energieversorger in Milliardenhöhe.

Zehn weitere Abgeordnete hätten gestern Unterstützung für den Antrag signalisiert, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Umweltausschusses und Mitunterzeichner Winfried Hermann der taz. „Gegen den Fischer-Kompromiss gibt es großen Widerstand.“ Auch Vorstandssprecherin Antje Radcke hatte gestern gefordert, noch in dieser Legislaturperiode Atomkraftwerke abzuschalten. Sie reagierte damit auf Kritik von der Basis, die sich an der dreijährigen Übergangsfrist stößt. Danach würden selbst die beiden ältesten Anlagen in Obrigheim und Stade nicht mehr in dieser Wahlperiode abgeschaltet. Aus den Landesverbänden sei zu hören, so Radcke, „am Punkt Ausstieg muss sich beweisen, ob es sich für die Grünen lohnt, in der Regierung zu bleiben“.

Am Samstag finden in Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Landesdelegiertenkonferenzen statt. Dem hessischen Landesverband liegen bereits Anträge auf einen Sonderparteitag vor. „Die Geduld in der Basis ist am Ende. Viele fordern, dass die Grünen endlich Flagge zeigen“, sagte die Sprecherin des Landesverbandes, Daniela Wagner.

Die schleswig-holsteinischen Grünen dagegen haben keine Sorge, dass sie ein Kompromiss bei der nächsten Landtagswahl Stimmen kosten könnte. „Das Ausstiegsgesetz muss wasserfest formuliert sein, sonst wird es vom Bundesverfassungsgericht kassiert. Wenn wir eine Laufzeit von 30 Jahren durchsetzen können, haben wir eine historische Chance genutzt“, sagte ihr Energieexperte Detlef Matthiessen.

Antragsteller Hermann sieht das anders. „Der Einstieg in den Ausstieg muss sichtbar sein“, sagte er gestern.

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