die taz vor fünf jahren über ein manifest von 58 us-intellektuellen: „Wofür wir kämpfen“:
Geradezu rührend liest sich die Selbstkritik, die die Autoren jenen Passagen voranstellen, in denen sie die militärische Antwort der USA auf die Ereignisse des 11. September als „gerechten Krieg“ bewerten. Hier wird ein bisschen herumgehegelt, da manches Richtige über religiöse Toleranz gesagt. Und dennoch bleibt ein flaues Gefühl zurück. Warum?
Zuvörderst verstört der Charakter des Textes – das Manifest, in dem eine repräsentative Gruppe amerikanischer Geistesmenschen der Welt etwas sagt. Allenfalls ist den Autoren zugute zu halten, dass sie, indem sie die Grundlagen formulieren, auf deren Basis sie die bisherigen Etappen im „Krieg gegen den Terror“ als „gerecht“ bewerten, auch gleichzeitig die Grenzen für „gerechte“ Kriege ziehen. Man mag auch zugestehen, dass es – sei es auch zu nichts gut – doch auch kein Schaden ist, wenn den B-52-Bombern noch ein paar Bekenntnisse zu universalistischen Werten nachgeschickt werden.
Doch in erster Linie ist der Text selbst Ausdruck des Bekenntnisdrucks. „Seht her, wir sind keine vaterlandslosen Gesellen, in der Stunde der Not stehen wir einig mit unserem Volk“, wird da annonciert. Womöglich waren die Unterfertigten sogar ein klein bisschen über sich selbst gerührt, dass sie – allem sonstigen Hader zum Trotz – zu solch unorthodoxer Koalitionsbildung sich fähig erwiesen. Seien wir doch ehrlich: Wann immer mit großer manifestierender Geste eine politische Haltung bezogen wird, die ohnehin unumstritten ist, dann hat dies etwas Groteskes – mindestens.
Meist aber auch etwas Gefährliches: Weil solche Aktivitäten fast immer Ausdruck eines Meinungsdrucks sind, der freie Debatten unterbindet, weil sie notwendigem Dissens die Luft abschnüren. Und dies gilt, da mag in dem Text noch so viel Richtiges enthalten sein, auch für das Manifest unserer 58 amerikanischen Geistesprinzen.
Robert Misik in der taz vom 28. 2. 2002
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