: Autofahrer tauchen nicht ab
Im Gegensatz zum Nord-Süd-Tunnel der Bahn dümpelt der Autotunnel durch den Tiergarten vor sich hin. Es fehlt immer noch ein Fünftel bis zur geplanten Auslastung
Berlin Hbf (tief) – das kennt inzwischen jeder. Aber wer kennt schon den Tunnel Tiergarten Spreebogen? Ganz im Gegensatz zum Nord-Süd-Tunnel der Bahn mit seinen Bahnhöfen Potsdamer Platz und Hauptbahnhof ist der Tiergartentunnel für den Straßenverkehr noch nicht im Alltag der Berliner angekommen. Gerade einmal 40.000 Fahrzeuge täglich passieren den Tunnel zwischen Schöneberger Ufer und Heidestraße. Das ist ein Fünftel weniger als geplant. Ursprünglich sollten 50.000 pro Tag durch die Tunnelröhren brausen, die stolze 380 Millionen Euro gekostet haben.
Dennoch will Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Hoffnung nicht aufgeben. Zwar räumt auch sie ein: „Man muss den Tunnel für sich entdecken.“ Doch genau das hätten viele Berliner während der Fußball-WM im vergangenen Jahr getan. Die derzeitige Auslastung ist für Rohland deshalb ein „guter Schnitt“. Und er soll noch besser werden: „Wenn die neuen Quartiere um den Hauptbahnhof entstehen, dann wird auch der Tunnel attraktiver.“
Gleichwohl stellt sich – anders als bei der Bahn – die Frage: Hat es diesen Tunnel gebraucht? Nein, sagt nach wie vor die grüne Verkehrspolitikerin Claudia Hämmerling: „Für 40.000 Fahrzeuge würde heute nicht mal die CDU so viel Geld bezahlen“, schimpft sie über das Zeugnis des „Größenwahns der 90er“.
Aber Hämmerling blickt nicht nur zurück im Groll. Sie schaut auch nach vorn und fordert Gleichbehandlung. „Wenn schon die Autofahrer eine neue Nord-Süd-Verbindung bekommen, muss es die auch für die Radfahrer geben.“ Vor allem die Chausseestraße hat Hämmerling dabei im Sinn. Vielleicht pflichtet ihr auch der ein oder andere Geheimdienstler bei, der in naher Zukunft in der BND-Zentrale am ehemaligen Stadion der Weltjugend einziehen wird.
Eines aber müssen auch die Grünen eingestehen. Noch am Tag der Tunneleröffnung im März letzten Jahres prognostizierte Hämmerling den Dauerstau am Tunnel. Heute sagt sie: „Dass es nicht so kam, ist ein Phänomen, das nur schwer zu erklären ist.“ Das würde wohl auch Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) unterschreiben. UWE RADA
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