: Monarchen fliegen klimafreundlicher
ÖKOLOGISCHER FLUGVERKEHR Welche Airline ist die am wenigsten umweltschädliche? Der weltweite erste Umweltindex für die Luftfahrtindustrie gibt Auskunft über fliegende Spritschlucker – rechtzeitig zur Internationalen Tourismus-Börse
VON BERNHARD PÖTTER
Für die Umwelt hatte die Wirtschaftskrise auch ihr Gutes: Britische Geschäftsleute nutzen seitdem deutlich seltener das Flugzeug. Auch nach der Krise bleiben die Manager nach einer aktuellen Studie des Umweltverbands WWF lieber am Boden: Ein „Business as usual“ in der Business-Class werde es nicht geben, hieß es.
Und wenn sie doch fliegen, haben die Briten jetzt ein Premium-Angebot vor der Haustür: „Monarch Airlines“ ist die am wenigsten umweltschädliche Fluglinie der Welt. Das ist das Ergebnis des ersten „Atmosfair Airline Index“ (AAI), den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation „atmosfair“ am Mittwoch auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin präsentieren wird. Auf Platz zwei liegt die deutsche Condor, große Luftfahrtgesellschaften wie Lufthansa, Continental oder American Airlines landen abgeschlagen auf hinteren Plätzen. Der Index sortiert die Gesellschaften gemäß einer aufwendigen Rechnung (siehe Text unten) nach dem Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid pro Kopf und Kilometer. Wer mit dem geringsten Verbrauch die meisten Menschen transportiert, gewinnt.
Zwei Jahre lang haben die Experten von atmosfair an den Daten gerechnet, um dieses weltweit erste Klima-Ranking der Luftfahrtbranche vorzulegen. Jedes Jahr soll nun ein aktueller AAI vorgelegt werden. „Grundsätzlich arbeiten wir daran, Flüge zu vermeiden, zu optimieren und zu kompensieren“, sagt Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen. Bei Vermeidung und Kompensierung sei man schon weiter, der AAI sei nun der Beitrag zur Optimierung des Verkehrs. An ihm sollen sich die Privatkunden orientieren, wenn sie etwa den Urlaub planen, meint Brockhagen – immerhin machen die etwa zwei Drittel der Flugpassagiere aus. Sehr wichtig seien aber auch große Unternehmen: „Wir haben Firmen, die zu uns kommen, weil sie jährlich 6.000 Flüge von Frankfurt nach Hongkong für ihre Mitarbeiter buchen und den geringsten ökologischen Fußabdruck dabei hinterlassen wollen“. Die Firmen-Einkäufer könnten jetzt anhand des AAI neben Preis, Verfügbarkeit und Service auch den Ökoaspekt berücksichtigen. Auch bestärke der Index die Fluglinien darin, sich um mehr Effizienz zu bemühen: Virgin Air etwa hatte bereits angekündigt, jedes Flugzeug um eine Tonne leichter zu machen.
Bei der Lufthansa will man den Index erst sehen, ehe man sich äußert. Peter Schneckenleitner, zuständig für Umweltfragen, führt allerdings an, ältere Airlines mit einer älteren Flotte seien gegenüber jüngeren Gesellschaften mit effizienteren Fliegern benachteiligt. Die Kranich-Linie reduziere seit Jahren kontinuierlich ihren Kerosinverbrauch pro Passagier und plane für das Frühjahr die weltweit erste Erprobung von Bio-Treibstoffen auf der Strecke Frankfurt–Hamburg. „Außerdem investieren wir in den nächsten Jahren 14,5 Milliarden Euro, um 154 von unseren über 700 Flugzeugen durch neue zu ersetzen.“
Die ökonomische und politische Debatte über Kerosinverbrauch und Klimawandel ist gewollt. Bisher trägt der Flugverkehr nach Angaben von atmosfair weltweit bis zu 10 Prozent zum Klimawandel bei, und die Wachstumsraten sind enorm. Geht das Wachstum so weiter wie bisher, erledigen sich in einigen Jahren alle Klimaziele der EU durch die Emissionen aus den Flugzeugturbinen. Brockhagen hofft, dass bei Diskussionen über Flughafenausbau oder Unternehmenszahlen der Ökoindex zur Bewertung der Airlines herangezogen wird. Dem ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist das mit seiner „Auto-Umwelt-Liste“ gelungen, mit der er seit 1989 die effizientesten Autos auszeichnet. „Es gibt Leute, die nur nach der Liste kaufen, und einen allgemeinen Einfluss auf das Konsumverhalten. Aber es lässt sich nicht seriös sagen, wie groß der ist“, sagt VCD-Autoexperte Gerd Lottsiepen.
Auffällig beim AAI ist, wer nicht auf der Liste steht: Alle Billigfluglinien wurden ausgeklammert. Begründet wird deren Ausschluss mit „methodischen Problemen bei der CO2-Berechnung und Darstellung“. Billigflieger würden subventioniert, flögen Umwege und erzeugten zusätzlichen Verkehr, da ohne die Billigangebote weniger Leute fliegen würden. Rein rechnerisch jedoch, so heißt es, müsste auf Platz eins die irische „Ryanair“ stehen, deren Chef Michael O’Leary schon mal sagt: „Die Umwelt interessiert mich einen Dreck.“ Man könne den Billigfliegern ihr Geschäftsmodell nicht übel nehmen, meint Brockhagen, hier sei der Gesetzgeber gefragt. „Aber wir wollen nicht, dass der Ryanair-Kunde mit Blick auf unseren Index sagt: Prima, das ist ja total ökologisch, da buche ich gleich noch einen Flug.“
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