Ortstermin: Empfang der Stadt Braunschweig zum Weltfrauentag: Frauen, Fußball und knappe Trikots
Zum 8. März durften sich in der taz ja 100 Frauen was zum 100. Frauentag wünschen. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, nicht zu dem Empfang zum Internationalen Frauentag im so genannten „VIP-Zelt“ bei Eintracht Braunschweig gegangen zu sein. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und diverse Frauengruppen hatten geladen. Es sollte auch um Frauenfußball gehen. Deshalb: „Anstoß!“ als mehrdeutiges Motto des Abends. Aber erst einmal ging’s vorbei an der Werbung fürs Männergedeck aus der Löwenschänke und dann hinein in die übergroße Flüchtlingsbaracke. Kaum zu glauben, dass sich in diesem Ambiente normalerweise die Lokalprominenz zum Pre- und After-Eintracht-Gekicke einfindet und ihre Geschäftsbeziehungen pflegt. Gut, dafür baut die Stadt ihnen ja nun im neuen Stadion bald schicke Logen.
Die „DFB-Vizepräsidentin Frauen- und Mädchenfußball“ Hannelore Ratzeburg sollte aus Hamburg kommen – zu einem Grundsatzvortrag zum Thema Frauenfußball und seine Geschichte. Schließlich wird demnächst die Weltmeisterschaft in Deutschland ausgetragen, da ist fundierte Information gefragt. Einige Spiele werden auch in der Arena im nahen Wolfsburg stattfinden, weswegen ein Promo-Team aus der in herzlicher Feindschaft verbundenen VW-Stadt schon mal zum Torwandschießen einlud. Dass die Frauenfußballmannschaft des VfL zu den Top Ten in Deutschland gehört, während die Eintracht-Damen kaum der Rede wert sind, verlieh der notorischen Städtekonkurrenz eine weitere Facette.
Die Vizepräsidentin kam aber nicht. Stattdessen verhaspelt sich die Bürgermeisterin bei der Aufzählung des aktuellen weiblichen Multitasking: neben Kindern, Haushalt und Beruf gehören Garten und Hund sowie seit 1970 auch der Fußball zum Aktionsrepertoire der Frauen. Die Stadtverwaltung Braunschweig pflege zudem die Chancengerechtigkeit: Bekanntlich seien sowohl das Kultur- als auch das Baudezernat mit einer Frau besetzt. Dann kommen zwei Veteraninnen des Braunschweiger Frauenfußballs zu Wort. Sie erzählen von der geradezu befreienden Begeisterung der Amateur-Spielerinnen, manche vielleicht zu wohlgenährt für derartige Leibesübungen, was zu Problemen bei der Sportbekleidung führt. Trotzdem sei aber Jägermeister irgendwann auch bei den Damen zur Trikotwerbung bereit gewesen. Worauf umgehend die Frauenbeauftragte ans Mikrofon tritt: mit mahnenden Worten über die Sexualisierung des Sports – und des Fußballs nun ganz aktuell – in viel zu knappen Trikotagen. Warum können Frauen eigentlich nicht einmal so ein harmloses Thema unverkrampft rüberbringen?BETTINA BROSOWSKY
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