: Dicke Karre, dicke Lippe
Die Landesregierung beschließt ein Programm zum Klimaschutz. Sie selbst fährt aber mit großen Limousinen, die den Vorgaben der EU widersprechen. Austauschen will NRW die Dienstwagen nicht
von ANNIKA JOERES
Nordrhein-Westfalen will jetzt mit Klimaschutz glänzen: Gestern stellten die MinisterInnen Andreas Pinkwart (FDP), Christa Thoben und Eckhard Uhlenberg (beide CDU) ihr Programm „NRW spart Energie“ vor. Sie selbst schädigen das Klima allerdings täglich massiv: Zu ihren Terminen steigen die drei PolitikerInnen weiterhin in klimaschädliche Kraftfahrzeuge. Mit achtundzwanzig großen Limousinen lassen sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, MinisterInnen und StaatssekretärInnen durch das Land fahren. Sie können zwischen dem Audi A6, dem Audi A8, dem BMW 5 und der BMW-7er-Reihe wählen. Alle Wagen gehören zur Oberklasse, verbrauchen überdurchschnittlich viel Benzin und stoßen doppelt so viel Kohlendioxid aus wie die EU erlauben will.
Eine Änderung der Flotte scheint nicht beabsichtigt. „Dazu gibt es keine aktuellen Planungen“, sagt der Vizeregierungssprecher Holger Schlienkamp. Die Dienstwagen seien aber immer auf dem neuesten Stand und nutzten eine schadstoffarme Filtertechnologie. Außerdem habe das Land ja jetzt ein umfangreiches Paket zur Energieeffizienz vorgelegt. Dazu zählten die Beratung von Unternehmen und Hausbesitzern zum Energiesparen und die Förderung von Biomasse. „Wir wollen die Vorgaben des Bundes und der EU schnell und konsequent umsetzen.“
Die Landesregierung selbst wird die Brüsseler Ziele aber nicht erreichen. Anfang Februar hatte die EU einen neuen Emissionszielwert vereinbart: Der Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids von Neuwagen soll bis 2012 im Schnitt von derzeit 163 Gramm auf 130 Gramm pro Kilometer gesenkt werden. Die Dienstwagenflotte von CDU und FDP ist weit von diesen Grenzwerten entfernt: Der Audi A6 und der BMW 5 blasen bis zu 260 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer in die Luft, der BMW7 250 Gramm, der Audi A8 350 Gramm. Effizient ist keines von ihnen: Die Audis schlucken zwischen elf und vierzehn Liter Benzin.
Die Bundesregierung fühlt sich für die Abgase ihrer Flotte offensichtlich mehr verantwortlich: Vor zwei Tagen hatte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel angekündigt, in Zukunft klimaneutral zu arbeiten. Er und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) hatten am Wochenende angekündigt, die Flotte ihrer Ministerien auf Erdgasautos umzustellen. Zwar ist auch NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg „generell für den Einsatz umweltfreundlicher Fahrzeuge“, sagt sein Sprecher Markus Fliege. Er plane aber keine Initiative. Sein nordrhein-westfälischer Kollege, Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU), will sich zu diesem Thema gar nicht erst äußern, sagt seine Sprecherin Heike Dongowski. Ihr auf drei Düsseldorfer Standorte verteiltes Ministerium besitze allerdings auch drei Dienst-Fahrräder. Allerdings würden sie vor allem von den MitarbeiterInnen benutzt – der Minister habe immer so viele Akten.
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