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MisshandlungenKeine lückenlose Kontrolle

Natürlich steht die Frage im Raum, wie fünf Gefangene einen anderen tagelang misshandeln konnten, ohne dass die Wachleute das mitbekommen haben. Drei Bedienstete für die Aufsicht von elf Männern – dieser Personalschlüssel ist vergleichsweise gut. Doch so bedrückend der Fall aus Schleswig ist: Auch Strafgefangene brauchen Momente, in denen sie unbeobachtet sind. Strafvollzug heißt Freiheitsentzug und nicht die lückenlose Kontrolle 24 Stunden am Tag.

KOMMENTAR VON ELKE SPANNER

Trotzdem muss der Vorfall Konsequenzen haben. Nicht nur für die makabren Insassen, denen das Quälen anderer Spaß bereitet. Statt die Anstalt ungeprüft in Schutz zu nehmen, sollte der Justizminister genau untersuchen, wodurch Gewalt im Gefängnis begünstigt wird – die Gefangenen in Siegburg hatten die Folterungen unter anderem damit begründet, dass sie sich gelangweilt hätten. Wie also sieht es beispielsweise mit Freizeitangeboten für die Gefangenen aus? Die Qualität einer Anstalt bemisst sich nicht nur am Personalschlüssel, sondern vor allem daran, welche Gestaltungsmöglichkeiten sie den Gefangenen für ein straffreies Leben aufzeigt.

Zurzeit schreibt Schleswig-Holsteins Justizminister mit den Ressortkollegen aus acht anderen Ländern ein Gesetz für den Jugendstrafvollzug. Anlass genug, die Haftsituation in den Gefängnissen zu prüfen.

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