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Die Ökos kommen

MILIEUWANDEL In den Kleingärten findet ein Generationswechsel statt: Junge übernehmen die Datschen der älteren Generation, plötzlich wird Biogemüse gepflanzt. Eine Soziologin warnt: Bald seien die Gärten fest in der Hand der besserverdienenden Mittelschicht

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Blumenwiesen anstelle von Buchsbaumhecken, Wildwuchs statt Ordnung – Kleingärten sind längst nicht mehr nur was für Kleinbürger. Viele junge, gebildete Menschen wollen im Stadtzentrum leben und die Natur trotzdem nicht missen. Dieses Bedürfnis trifft sich mit einem demografischen Wandel zwischen den Maschendrahtzäunen: Viele langjährige Kleingärtner geben ihre Parzelle zurzeit aus Altersgründen ab. „In den Kleingartenanlagen ist der Generationswechsel in vollem Gange“, sagt Günter Landgraf, Präsident der Berliner Gartenfreunde.

Wenn es ums Gärtnern in der Stadt geht, spielen die traditionellen Anlagen nach wie vor die entscheidende Rolle: 3.000 Hektar Kleingärten gibt es laut Stadtentwicklungsverwaltung in Berlin, sie machen drei Prozent der Stadtfläche aus. Gemeinschaftsgärten wie die Prinzessinnengärten in Kreuzberg sind zwar chic, haben daran aber nach wie vor geringen Anteil: Das „Urban Gardening“ kommt laut Verwaltung lediglich auf 27 Hektar.

Früher habe der Altersschnitt in den Kleingärten bei über 60 Jahren gelegen, sagt Landgraf. „Heute ist die Mehrheit zwischen 35 und 55 Jahren alt.“ Auch die Soziologin Elisabeth Meyer-Renschhausen, die seit Langem zu Gärten in der Großstadt forscht, konstatiert: „Die Kleingärten wandeln sich rapide.“

Denn mit der Verjüngung geht eine Verschiebung der Milieus einher. „Alteingesessene und Zugezogene haben unterschiedliche Vorstellungen“, erzählt Landgraf. Viele Eltern mit kleinen Kindern rückten nach. Die jungen Leute würden eher ökologisch gärtnern. Die Neuen für das Vereinsleben in den Anlagen zu gewinnen, sei oft nicht leicht. „Früher war das Zusammengehörigkeitsgefühl größer“, so Landgraf.

Kein Wunder, dass es mancherorts zu Konflikten kommt. Meyer-Renschhausen, die selbst gärtnert, spricht von einem „scharfen Gegeneinander von Jüngeren und Älteren“. Wenn man sich etwa nicht einigen könne, ob ein Unkraut gejätet gehört oder nicht, fliege auch mal ein Gartenzwerg über den Zaun.

Der Soziologin zufolge ist der Wandel der Laubenpieper ein durchaus problematischer. Die Spekulationspolitik auf dem Wohnungsmarkt schlage sich auch bei den Kleingärten nieder. „Viele versuchen, ihre Hütten meistbietend abzugeben.“ Eine Laube, die vor ein paar Jahren noch für 3.000 bis 4.000 Euro den Besitzer gewechselt habe, koste heute 8.000 Euro. Das können sich Ärmere nicht mehr leisten. Meyer-Renschhausen warnt: „Die Gärten sind bald fest in der Hand der besserverdienenden weißen Mittelschicht.“

Das widerspricht zumindest der historischen Funktion der Kleingärten. Die erste Blüte erlebten sie in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts. Vor allem für Arbeiterfamilien boten kleine Grünflächen nicht nur die Möglichkeit zur Selbstversorgung. Sie waren auch Ausgleich zum Leben in überfüllten Mietskasernen und engen Hinterhöfen.

Berlin ist nach wie vor eine Stadt der Mieter. Die Kleingärten dienen heute weniger der Selbstversorgung, sondern vorwiegend der Erholung – bislang auch der unteren Schichten. Auch, damit die Gärten bezahlbar bleiben, schreibt das Bundeskleingartengesetz vor, dass nur Lauben in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche zulässig sind.

Die große Nachfrage treibt die Preise trotzdem nach oben: 12.000 Bewerbungen um Gärten liegen dem Verband der Gartenfreunde derzeit vor. Dem stünden maximal 3.000 Pächterwechsel im Jahr gegenüber, sagt Landgraf. „Die Wartezeit hat sich rapide verlängert und beträgt inzwischen im Schnitt sechs bis acht Jahre.“

Und noch eine unangenehme Nebenwirkung hat das Wachstum Berlins für die Kleingärtner: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beansprucht einen Teil der Flächen für Neubauvorhaben. 40 der 925 Berliner Kleingartenanlagen sollen bis 2025 weichen, um dort rund 8.500 neue Wohnungen zu errichten. Damit werden die Lauben noch knapper – und ganz sicher nicht günstiger.

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